Noah, 23

Mit 19 erkrankte ich an Krebs

Ich bin Noah. Ich hatte Krebs. Krebs ist eine Erkrankung, die durch die Entartung und die unkontrollierte Vermehrung einer Körperzelle entsteht.

Meine Leidenschaft für das Skateboarden reicht lange zurück. Mit neun Jahren fing ich an Skateboard zu fahren. Mein älterer Bruder hat mich damals auf den Geschmack gebracht. Unter der Woche trainierte ich und am Wochenende hatte ich ab und zu Wettkämpfe. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich nichts anderes machen als das. Als ich 19 Jahre alt war, hatte ich plötzlich einen Knubbel im Bein. Ich ging zum Arzt und mir wurde Blut abgenommen. Keine grosse Sache, dachte ich mir. Unbekümmert sass ich an diesem Morgen bei meinem Hausarzt, aber bereits am Nachmittag lag ich mit Verdacht auf Leukämie im Krankenhaus. Mir wurde gesagt, dass etwas mit meinem Blut nicht stimme. In meinen jungen Jahren hatte ich nie körperliche Beschwerden. Fühlte mich gesund, nie wäre ich darauf gekommen, dass ich todkrank bin. Plötzlich galt Alarmstufe Rot. Nur wenige Tage später steckte ich mitten in meiner ersten Chemotherapie.

Doch die Chemotherapie brachte nicht den erhofften Erfolg. Während der Behandlung magerte ich drastisch ab. Ich konnte nicht mehr essen und nicht mehr gehen. Schon bald war klar, dass ich zum Überleben eine Knochenmarktransplantation brauchte. Sofort wurde nach einem Spender gesucht. Während der Warterei war mein Immunsystem so am Boden, dass ich mich noch heute nicht richtig davon erholt habe. Nebst den Ärzten und Schwestern durften mich nur meine Eltern und mein grosser Bruder besuchen. Und das natürlich nur mit Mundschutz. Eine Chemotherapie fährt das Immunsystem so stark runter, dass die kleinste Infektion lebensgefährlich ist. Über fünf Monate lag ich da und sah nur die Augen und die Stirn der Menschen, die bei mir waren. In diesen Momenten fühlte ich mich unendlich einsam. Mir kam das Leben damals total unwirklich vor und ich fragte mich immer wieder «Warum gerade ich?» Gleichaltrige feierten oder lernten für Prüfungen und ich kämpfte ums Überleben. Trotz der Unsicherheit glaubte ich von Anfang an, dass ich das packe. Ich blieb trotz der aggressiven Leukämie positiv, dies dank meiner Familie, meinen Freunden und meines Behandlungsteams, die mich Tag und Nacht unterstützten. Nach fünf Monaten wurde endlich ein Spender gefunden. Seit der Transplantation bin ich nun krebsfrei. Aber ein eindeutiges geheilt gibt es bei Krebs nicht.

Heute fühlt sich mein Körper die meiste Zeit gut an. Wenn eine medizinische Überprüfung ansteht, gerate ich immer noch in Panik. Dies schon nur, wenn ich eine kleine Erkältung habe. In solchen Momenten ist die Angst gross, dass es von vorne beginnt. Das ständige Erbrechen bei der Chemo, die Angst, dass sich kein Spender findet, die Unsicherheit, ob die Transplantation klappt, der Haarausfall und vor allem das Alleinsein. Ich habe mir aber vorgenommen, dass ich der Angst Raum gebe, mir zugestehe, zu verarbeiten, was passiert ist. Aber ich versuche, so wenig wie möglich darüber nachzudenken. Wenn ich mir ständig vor Augen halten würde, was passieren könnte, wenn ich wieder erkranke, würde mich das davon abhalten, mich mit ganzem Herzen ins Leben zu stürzen.