Immersive Short(Hi)story

Eigentlich sollte hier die Entstehungsgeschichte eines Kinderbuchs stehen. Eben. Eigentlich. Denn trotz vieler ins Brainstorming investierter Stunden hat weder ein schlauer Plot rausgeschaut, noch sonst irgendwie auch nur den Ansatz dessen, was sich Kapitel nennen könnte.

Nicht jeder kann Goethe sein

Ein klarer Fall also für den Projektefriedhof von Remo Flury (🪦). Nicht, dass es uns an Umsetzungswillen gemangelt hätte, gar nicht. Aber wenn die zündende Kinderbuchstory, die dich auf einen Schlag berühmt und über Nacht zum Millionär oder Millionärin macht, fehlt, dann kannst du den Stift oder den Cursor noch so häufig neu ansetzen, das Blatt bleibt weiss. Und wer nicht mindestens diesen Anspruch erhebt, der sollte das Schreiben gleich lassen. Finde ich jedenfalls. Schliesslich hätte niemand Goethe gelesen wenn er nicht so einen Banger wie «Die Leiden des jungen Werther» rausgehauen hätte. Auch wenn der etwas gar eine Heulsuse ist. Item. Zurück zum Thema.

Besagter Schinken, Graus eines jeden Kantischülers

Statt Kinderbucherfolg musste jetzt also eine Alternatividee her. Zum Glück sind wir Menschen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und immer wieder spannende Themen, die uns begegnen, sorgfältig in eine Liste eintragen, die wir dann in Momenten wie diesen zücken und konsultieren können. Haha. Merkst du selber oder?

Weil die besten Ideen immer spontan kommen, (ich erinnere an meine Nacktszene an der Bushaltestelle die mir sechs Wochen bezahlte Ferien beschert hat), liessen wir uns einfach ein wenig treiben. So wie beim Aareböötle, gell Leah?

Die Idee kommt doch

Und dann kam sie doch tatsächlich, die Idee: Kurze, fiktive Geschichten, aus der Ich-Perspektive geschrieben, die sich um ein historisches Ereignis drehen. Aber halt! Das ist noch nicht alles. Statt diese nur zu schreiben, haben wir sie auch eingelesen und vertont. Trudi Gerster Style, weisch.

Das dabei entstandene Hörspiel, obwohl man heute wohl eher immersive Audiostory sagen würde, nimmt den/die Zuhörer*in für einen kurzen Augenblick auf eine Zeitreise. Zur Auswahl stehen vier Ereignisse, von Antike bis Neuzeit, die alle innerhalb von etwa drei Minuten eine Szene etablieren und jeweils ein anderes Schicksal erzählen. Die Charaktere sind dabei bewusst nur Beiwohnende und keine Entscheidungsträger des historischen Ereignisses.

Das Ergebnis

Genug Palaver, jetzt gehts an Eingemachte. Unsere Empfehlung: An einem Ort gemütlich machen, Augen schliessen und mit Kopfhörern geniessen.

Ein Patriziersohn im 1. Regierungsjahr des römischen Kaisers Titus

Erlebe den Untergang von Pompeji live!

Ein Schiffsjunge auf der Santa Maria im Jahre des Herrn 1492

Ein Ausflug ins Entdeckerzeitalter gefällig?

Eine Parfümhändlerstochter in Paris im Jahr 1793

Reise ins Paris von Patrick Süskinds «Das Parfüm»!

Eine Schriftstellerin in Ost-Berlin, 1989

Hilf mit, Mauern einzureissen und Deutschland zu vereinen.

(eli)

Prozess

  1. Themenfindung
    Ich hab Leah schon früh gefragt, ob sie Lust hätte, mit mir ein Projekt umzusetzen, ohne das uns dabei eine konkrete Idee vorschwebte. Soweit ich weiss, haben wir ähnliche Interessen und Wünsche für unsere berufliche Zukunft. Beide scheinen sich vorstellen zu können, im Bereich Screenwriting tätig zu sein. Doch können wir überhaupt zusammenarbeiten? Ein Kinderbuch soll das auf die Probe stellen. Wies gelaufen ist, siehst du oben.
  2. Location
    Weil ich aufgrund meines Majors nur gerade zwei Wochen in diesem Semester in Chur war, ging das mit der Zeitplanung nicht so gut. Obwohl wir Mitbewohner sind. Dennoch haben wir uns hin und wieder ausgetauscht und getroffen, um die Aufnahmen zu machen.
  3. Aufnahmen
    Für das Aufnehmen des Textes haben wir uns zwei Daten rausgesucht, um jeweils zwei der Texte einzulesen. Weil einer nicht rechtzeitig fertig wurde, hab ich den im Nachhinein noch aufgenommen. Ursprünglich wollten wir die Texte in der Audiobox in Chur aufnehmen, was für die ersten beide Texte auch gelang, aber das Equipment dort hat mich gar nicht überzeugt und wir haben die meiste Zeit darauf verbracht, herauszufinden, wie die Aufnahme funktioniert. Für die zweiten zwei Texte sind wir deshalb ins RTR Studio in Chur, wo ich als Praktikant arbeite. Das hat einwandfrei geklappt und die Qualität war besser.
  4. Postproduction
    Die Aufnahmen habe ich dann mit Adobe Audition geschnitten. Es war das erste Mal, dass ich diese Software in dem Ausmass benutzt habe. Nach anfänglichen Schwierigkeiten klappt der Umgang mittlerweile ziemlich gut, zumindest für die Zwecke, für die ich es zur Zeit benötige. Das Endergebnis kann sich dennoch sehen lassen.

Selbstkritik:

Gut:

  1. Ziel erreicht: Eine immersive Kurzgeschichte wurde vertont
    Kein Kinderbuch und trotzdem was tolles
  2. Umentscheidung auf Audioprojekt
    Projekte zu beerdigen, wenn das Ziel nicht klar ist, geht völlig in Ordnung
  3. Zusammenarbeit mit Leah
    Danke Leah, für deine Arbeit. Vielen Dank für die investierten Stunden und deine Einwilligung, das Kinderbuch abzuschiessen. Wenn uns je der Geistesblitz trifft, dann gelingt uns das sicher auch 😉 Und danke für deine Stimme in den Aufnahmen.

weniger gut:

  1. Zeitmanagment
    Ich bin eigentlich kein Freund von Deadlines, aber ich scheine den Druck und das Messer im Nacken zu brauchen, um produktiv zu sein. Im Gegensatz zum Winter bin ich jetzt (11.06.) schon wahnsinnig früh mit dem Artikel.
  2. Audioqualität der Audiobox an der FHGR
    Nicht zufrieden bin ich mit dem Setup in der Audiobox. Keine Erklärung nichts, wie man das Teil vernünftig in Betrieb nimmt. Kein Popschutz.

Erkenntnisse

  1. Audition ist nicht so schwer wie es auf den ersten Blick wirkt, auch wenn ich bezüglich Soundediting und Mixing noch viel von Neil lernen könnte. Love you, Neil.
  2. Ich hatte richtig Spass an dem Projekt. Selber das eigene, fertige Produkt anzuhören und die positiven Rückmeldungen meiner Testaudience zu hören war super.