Visuelle Reise durch die Nacht

Visuelle Elemente spielen bei Konzerten eine wichtige Rolle, um das Publikum zu unterhalten und die Atmosphäre zu verstärken. An der Plattentaufe vom Album «La Poésie Nocturne» von Z The Freshman und Hotel Samar, waren die Visuals ein wichtiger Bestandteil der Show. Sie trugen dazu bei, das Erlebnis für das Publikum noch intensiver und unvergesslicher zu gestalten.

Erst sieben Tage vor der Plattentaufe erhielt ich die Anfrage zur Gestaltung der Visuals für die Plattentaufe. Wie der Name bereits andeutet, befassen sich die Songs auf «La Poésie Nocturne» mit der Nacht. Aufgrund der bevorstehenden Veranstaltung blieb keine Zeit ein ausgefallenes visuelles Konzept zu entwickeln. Also lief ich, ausgerüstet mit der Kamera, nachts durch die Strassen von Bern und versuchte ästhetische und stimmungsvolle Bilder einzufangen. Das Footage wurde mit einer Sony Handycam auf Mini DVD aufgezeichnet. Die nicht mehr aktuelle Technik erzeugt eine nostalgische atmosphärische Bildsprache. Diese widerspiegelt und verstärkt die Stimmung welche durch die Songs auf «La Poésie Nocturne» erzeugt wird. Hier einige Stills aus dem Video.

An der Plattentaufe wurde das finale Video durch einem Beamer auf eine Leinwand projiziert, die sich hinter den Künstlern befand. Untenstehend findest du eine gekürzte Version des Videos.

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PS: das Album zu den Visuals findest du hier https://lnk.site/poesie-nocturne

(dbo)

Prozess
Anfrage
Aus Interesse an den visuellen Elementen an Events und Konzerten, habe ich die Band angefragt, ob es ich bei ihrer Plattentaufe einen Blick hinter die Kulisse werfen könnte. Als wir uns eine Woche vor dem Event trafen fragte mich die Band, ob ich die Gestaltung der Visuals übernehmen kann. Nach kurzer Überlegung habe ich trotz des zeitgleichen Semesterstartes zugesagt. Anschliessend haben wir darüber gesprochen, wie sich die Band die Visuals vorstellt. Es stellte sich heraus, dass zu diesem Zeitpunkt nur wenige konkrete Vorstellungen existierten. Aufgrund der fehlenden Erfahrung und um technische Probleme zu vermeiden, haben wir entschieden eine einzige Videodatei für die gesamte Show zu erstellen. Im Gespräch mit der Band wurde entschieden, das diese Datei ein Timer, ein Intro und ein Hauptteil beinhalten soll.

Aufnahme
In den kommenden zwei Nächten bin ich durch die Strassen von gelaufen auf der Suche nach passenden, ästhetischen und stimmungsvollen Bildern. Während dem Aufnahmeprozess kristallisierten Öffentliche Verkehrsmittel, Tramstationen, Licher und Häuserfassaden als besonders geeignete Motive.

Verarbeitung
Da das Footage auf Mini-DVD aufgenommen wurde musste ich die Disk mit einem Laufwerk einlesen und anschliessend mit dem Open Source Programm HandBrake zu MP4 transkodieren. Anschliessend wurde das Material in Premiere gesichtet und nach thematischen Sequenzen geordnet. Die entstanden Sequenzen wurden schliesslich den verschiedenen Songs zugeteilt und feingeschnitten.

Hierbei ist zu erwähnen, dass ich zusätzlich das ganze Videomaterial aus dem Entstehung Prozess gesichtet habe. Ein Aufwand der mir beim Gespräch mit der Band noch nicht ersichtlich war. Da ich davon ausgegangen bin ich würde eine Auswahl an Aufnahmen erhalten. Insgesamt handelt es sich dabei um ca. 60 GB Filmmaterial. Zusätzlich war auch der Transfer der Dateien von der Band zu mir sehr zeitraubend und aufwendig. Wir versuchten es zuerst via Swiss Transfer, anschliessend via Adobe Cloud und erst dann via USB-Stick. Bei Swiss Transfer konnten wir zwar alle Dateien versenden. Beim Download musste jedoch jede Datei einzeln runtergeladen werden und bei ca. 120 Downloads war dann endgültig Schluss. Dieser Teil des Materials hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, obwohl es im Endeffekt nur in der letzten Sequenz der Visuals verwendet wurde.

Der 15-minütige Timer sollte direkt nach dem Voract gestartet werden, die Zeit bis zum Hauptauftritt überbrücken und dem Publikum als zeitliche Information dienen.  Den Timer habe ich in After-Effects erstellt und im Premier mit dem Kamera Overlay und dem Bildrauschen zusammengefügt.

Das Intro leitet vom Timer ein in die Nacht, enthält einen kurzen zusammenschnitt der ästhetischsten Aufnahmen und endet mit einer Animation des Album Schriftzugs. Die Audiospur enthält einen Text, der von Z The Freshman eingesprochen wurde. Der französische Teil davon wird von gelben Übertiteln ins Deutsche übersetzt.

Zum Schluss wurden die Song Sequenzen, Intro und der Timer entsprechend der Setlist geordnet, geloopt und getimet. Zwischen den einzelnen Teilen wurde eine schwarze Blende verwendet inspiriert von der Blende der Sony Handycam. Bei Gastauftritten den wurden bewusst keine Visuals gezeigt. Die finale Sequenz wurde im Verhältnis von 1920 x 1525 Pixel angelegt, um den nostalgischen Aspekt der Aufnahmen zu unterstreichen.

Überarbeitung
Die Band schickte mir immer wieder neue Entwürfe der Audiodatei fürs Intro. Auch die Setlist veränderte sich mehrmals. Daher habe ich die finale Datei mehrmals überarbeitet und erneut herausgerendert. Der finale Render Vorgang endetet fast zeitgleich mit dem Beginn des Soundcheck am Tag der Plattentaufe.

Event
Am Soundcheck stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter des Gaskessels nichts von Visuals wussten. Weil die Band und die meisten Techniker mit dem Soundcheck beschäftigt war, habe ich mich darum gekümmert die Leinwand herunterzulassen und den Beamer einzustellen. Da die Band es versäumt hat, den Gaskessel über die Visuals zu informieren ist die Lichtshow nicht mit Rücksicht auf den Beamer erstellt worden. Und das Video liess sich auch nicht mehr vom Lichpult aus starten. Beides liess sich so kurzfristig auch nicht mehr ändern. Daher haben wir hinter der Bühne einen Laptop via HDMI an den Beamer angeschlossen.

Als es so weit war, habe ich das Visuals über diesen Laptop gestartet. Der Timer fing an zu laufen, gefolgt vom Intro. Das Intro steigerte die Spannung und die Atmosphäre im Publikum bis zum Höhepunkt als die Band mit dem Konzert begann. Das Konzert habe ich von Publikum aus genossen. Gegen Ende musste ich noch einmal an den Laptop hinter die Bühne, um das Timing für die letzten Songs anzupassen.

Bei der Afterparty erhielt ich von mehreren Menschen positives Feedback für meine Visuals.

Selbstkritik
Gut:
einfangen von passenden ästhetischen Bildern
Die nächtlichen Aufnahmen der Sony Handycam passten gut zur Stimmung der Songs. Auch der suchende Aspekt des Aufnahmekontextes scheint im Einklang mit dem Inhalt des Albums.

Bilden von Sequenz pro Song
Trotz der Spontanität unter welchen die Aufnahmen entstanden, konnte ich stimmige Sequenzen bilden und diese den einzelnen Songs zuordnen.

Rechtzeitig fertig mit finalem Video
Trotz verschiedener Verspätungen und dem erneuten Überarbeiten, wurde das Video rechtzeitig fertig.

Intro zur Verstärkung der Stimmung im Publikum
Das Intro hatte eine starke Wirkung auf die Stimmung im Publikum und führte zu einem intensiven Konzertbeginn.

weniger gut:
Zeitverschwendung für Videos aus Enstehungsprozess
Die Aufnahmen passten nicht wirklich zu den Nachtaufnahmen. Trotzdem wurden alle Aufnahmen gesichtet und es wurden In und Out Points gesetzt. Leider wurden sie nur für die letzte Sequenz verwendet.

Datentransfer via Cloud
Es war nicht einfach beziehungsweise überhaupt möglich die Daten aus dem Aufnahmeprozess alle zu via Cloud zu versenden.

Gaskessel wusste nichts von Visuals
Die Band hat es versäumt den Gaskessel zu informieren. Ich habe nicht nachgefragt, ob diesbezüglich alles geklärt wurde.

Kommunikation mit der Band
In der Kommunikation mit der Band gab es mehrere Missverständnisse (zB. bezüglich der Aufnahmen aus dem Entstehungsprozesses). Auch kamen alle Dateien, die ich von der Band benötigte, später als wir dies vereinbar hatten bei mir an.

Studium 😉
Aufgrund der zeitaufwändigen Arbeiten an diesem Projekt, habe ich fast die ganze erste Woche des Studiums verpasst.

Erkenntnisse

  • Direkt mit Location kommunizieren
  • Software für Vide Playlist sinnvoller
  • Datentransfer ist einfacher über externe Speichermedien
  • Aufträge konkreter besprechen
  • Zeiteffizient arbeiten