Sanatorio del Gottardo

Lost Places. Ein Thema, welches viele Menschen interessiert. Die meisten von euch haben bestimmt schon mal ein Video eines Lost Places auf YouTube gesehen. Doch meistens befinden sich diese Ruinen im Ausland, in Amerika oder in Osteuropa. Doch gibt es solche verlassenen Gebäude auch in der Schweiz? Wo befinden sich diese? Wie sehen diese aus? Und kann man diese auch besichtigen? Diese Frage haben wir uns vor diesem Projekt gestellt. Hier findet ihr die Antwort.

Erste Frage. Gibt es solche Lost Places auch in der Schweiz? Kurz: Ja, gibt es. Diese sind allerdings eher selten und nicht so leicht zu finden. Denn in der Schweiz werden verlassene Gebäude schnell abgerissen, da solche Gebäude schnell gefährlich werden, wenn man sie betritt. Zudem herrscht in der Schweiz ein Platzmangel. Das heisst, an den Plätzen, an denen bereits verlassene Gebäude stehen, werden diese innert kürzester Zeit abgerissen, um neue Gebäude darauf zu bauen. 

Vereinzelt bleiben jedoch solche leeren Gebäude mehrere Jahre stehen. Diese eher seltenen Objekte werden dann schnell von der Urban Explore Szene entdeckt. Diese Orte werden meist Geheim behalten und nur in mit anderen Leuten aus dieser Szene geteilt, um so diese Gebäude vor Vandalismus zu schützen. Es gibt jedoch Blogs von Personen aus dieser Szene. Auf diesen Blogs werden vereinzelte Lost Places dokumentiert. Bei unsere Recherche haben wir auch unter anderem diese Blogs besucht, um mögliche Orte zu finden. Somit durchforschten wir die Seiten urbanexploration.ch und lost-place.ch. Viele dieser Beiträge handeln von alten Fabriken und kleinen Familienhäusern. Wir wollten jedoch etwas Grosses entdecken. Dazu kommt, dass wir auf jeden Fall einen Ort aussuchen wollten, welcher erst vor kurzem noch besucht wurde. So konnten wir sicher gehen, dass dieses Gebäude in der Zwischenzeit nicht bereits dem Erdboden gleichgemacht wurde. Nach einigen durchgesehenen Posts fanden wir dann etwas Passendes. Das alte Sanatorium in Quinto im Kanton Tessin.

Das «Sanatorio del Gottardo» wird als unheimlichste Ruine der Schweiz betitelt. Zuvor wurde es für rund 57 Jahren als Spital genutzt. Das Sanatorium wurde 1905 eröffnet. Sanatorium kommt vom lateinischen «sanare» und bedeutet so viel wie «heilen» oder «gesund machen». Es ist eine alte Bezeichnung für ein auf eine bestimmte Erkrankung spezialisiertes Fachkrankenhaus. In der Blütezeit des «Sanatorio del Gottardo» bestand dies aus dem Hauptgebäude, einem Ärztehaus und einem Waschhaus. Während des ersten Weltkriegs funktionierte das Sanatorium als Militärspital und nahm verwundete Soldaten auf. Nach dem Krieg wurde es dem Kanton Tessin übergeben, welche daraus ein Fachkrankenhaus für Tuberkulosekranke machte. Da diese Lungenkrankheit jedoch einen starken Rückgang erlebte, wurde der Betrieb im Sanatorium im Jahr 1962 eingestellt. Seitdem steht dieses Gebäude leer und ist fast nur noch eine Ruine, die von der Natur zurückerobert wird. Vor mehr als fünf Jahren wurde es für 750’000 Franken an die Ice Sport International Academy SA verkauft. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine private Gesellschaft mit kasachischen Investoren. Diese wollten eigentlich das Sanatorium zu einer Wintersport-Akademie umbauen. Bis jetzt sind diese Bauarbeiten jedoch nicht gestartet und dies obwohl eine Baubewilligung vorliegt. 

Mitte November machten wir uns dann auf den Weg ins Tessin, um dieses Gruselhaus selbst zu entdecken. Kurz nach dem Gotthardtunnel verliessen wir die Autobahn und fuhren dann in das Dorf Quinto. Bereits zu Beginn des Dorfes sahen wir viele einzelne Häuser, die aussahen, als wären sie verlassen. Wir fuhren die Bergstrasse hinauf und bereits nach den ersten Kurven sahen wir das Sanatorium durch die Bäume durch. Wir parkierten ein wenig unterhalb des Sanatoriums, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Ausgerüstet mit Rucksack, Kameras und jeder Menge Entdeckungslust machten wir uns zu Fuss auf den Weg Richtung Sanatorium. Als wir auf die Zufahrtsstrasse kamen, war dort ein Gitter mit einer Beschriftung. Auf dieser hiess es, dass das Grundstück in Privatbesitz sei und das Betreten verboten sei. Links von diesem Gitter war jedoch ein etwa ein Meter breiter Weg frei. Da wir wussten, dass kurz vor uns weitere Entdecker auf dem Grundstück waren, riskierten wir dieses Umgehen und nutzten diesen Weg, um auf das Grundstück zu gelangen. Als wir im Garten vor dem Gebäude standen, lief es uns kalt den Rücken hinunter. Diese Gebäude wie es dort stand, verlassen, einsam, verrottet. Es war ein sehr unheimliches Gefühl.

Wie gruselig es im inneren des Sanatoriums war, seht ihr in unserem Video. Weitere Einblicke des Sanatoriums und den Gebäuden rundherum findet ihr in der Galerie.

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Die Gruselversion unseres Videos vom Sanatorium del Gottardo
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Die Vlog-Version

(ash)

Idee/Umsetzung

 

Die Idee für das Projekt kam uns relativ spontan. Als wir eigentlich für ein anderes Schulprojekt im Sanatorium ankamen, wurde uns schnell bewusst, dass wir es ausnutzen mussten, wenn wir schon einmal da waren. Wir entschieden uns, neben den Aufnahmen für das Fach Visualisieren auch noch weitere Aufnahmen für ein Digezz Video zu drehen. Da der Ort für die Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglich ist und wir den Leuten aber trotzdem einen Einblick in so ein faszinierendes Gebäude ermöglichen wollten, entschieden wir uns, einen Film daraus zu machen.

 

Schwierigkeiten

 

Die grösste Hürde war die Lichtsituation vor Ort. Wir waren nicht vorbereitet für einen Dreh, der eigentlich fast immer in Dunkelheit oder sehr schlechten Lichtverhältnissen stattfand. Das Wetter war uns dabei keine Hilfe, und keiner von uns hatte je in solchen Verhältnissen gedreht. Deshalb dauerte es eine Weile, bis wir uns an die neuen Gegebenheiten angepasst hatten. Eine Weitere Hürde war das Gebäude an sich. Viele Treppen sahen nicht gerade vertrauenserweckend aus, Decken und Böden waren eingestürzt und Geländer komplett verrostet. Es dauerte deshalb manchmal eine Weile, bis wir uns von einem Stockwerk zum nächsten hocharbeiten konnten, da wir uns erst einen Weg suchen mussten, der nicht aussah, als wolle er uns töten. Das zog den Aufenthalt in die Länge.

 

Learnings

Für uns beide war es das erste Mal, dass wir uns in ein solches Gebäude begaben. Der Zutritt zum Gebäude war eigentlich verboten, aber beim Eingang stellte sich schnell heraus, dass dies nicht wirklich beachtet wurde. Im inneren angekommen merkten wir schnell: wir mussten das erste mal mit einer anhaltenden low-light-Situation auskommen. Die Fenster waren grösstenteils mit Brettern vernagelt, viele der zu filmenden Räumlichkeiten lagen in einem Keller und das Licht von draussen war allgemein sehr dunkel. Wir nahmen also an Headlights mit, was wir tragen konnten, suchten uns einen guten mix aus hohem ISO, wenig Bildrauschen, offener Blende und trotzdem scharfen Bildern und machten uns auf den Weg, das Sanatorium zu erkunden. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hatten wir schnell begriffen, dass wir das wenige Licht auch als Stilmittel nutzen konnten, um eine düstere und unheimliche Atmosphäre zu schaffen. Das zeigte uns beiden die Grenzen unserer Kameras auf und was wir damit anstellen konnten, welche Einstellungen zu welchem Resultat führten und wie wir verschiedene Headlights und Lichttemperaturen erfolgreich in Szene setzen konnten.
Auch bei der Postproduction lernten wir noch mal ein wenig dazu. Da wir bereits im letzten Semester ein grosses Videoprojekt auf die Beine gestellt hatten, waren wir im Premiere zwar schon sehr flott unterwegs, ein weiteres Videoprojekt festigte aber vor allem nochmals unsere Nutzung diverser Shortcuts, einen Sauberen Workflow bei einem Projekt, an dem mehrere Personen beteiligt waren und das saubere aufeinander abstimmen von Musik und Bild.

 

Fazit

Es war ein sehr eindrücklicher Dreh unter relativ schwierigen Bedingungen. Es war aber sehr imposant, ein solches Gebäude mal in echt zu sehen. Auch unter diesen Umständen zu drehen lehrte uns noch viel über unsere Ausrüstung und wie wir sie am besten einzusetzen hatten. Wir haben also aus einer schwierigen Situation das beste gemacht und dabei sehr viele Learnings eingezogen.