Live Production für 30’000 Pfadis

Kennst du bei einem Konzert oder Open Air diese grossen Screens neben der Bühne, damit auch die hintersten Teilnehmer*innen etwas mitbekommen? Dabei handelt es sich um eine Live Production. Wie das genau im bisher grössten Pfadilager der Schweiz vonstattenging, erfährst du hier.

30’000 Schweizer Pfadis in einer Zeltstadt während zwei Wochen. Stell dir diese Dimensionen mal vor. Die zweitgrösste Walliser Stadt wurde im Sommer 2022 in Goms VS gebaut. Neben vielen Aktivitäten, Trubel und Zelten durfte natürlich eines nicht fehlen: Eine grosse Bühne, die alle Teilnehmenden versammelt und ihnen Unterhaltung, Musik und einfach nur Spass bieten soll. Und genau dort braucht es ein Live Production Team. Denn die grossen Screens neben der Bühne wollen natürlich mit Live-Bildern der Bühne bespielt werden. Zudem gab es auch einen YouTube Livestream.

Während meines zweiwöchigen Aufenthaltes im Bundeslager war ich in einem Videoteam tätig. Und in unser Aufgabengebiet fiel auch die Live Production der vier grossen Zeremonien auf der Hauptbühne. In diesem Artikel möchte ich dir aufzeigen, was so alles hinter der Bühne abgeht und notwendig ist, um eine solche Produktion zu machen.

Was ist dazu nötig?

Für eine Live Production brauchst du viel Material:

  • Übertragungswagen (Ü-Wagen)
    Hinter der Bühne war unser HQ quartiert. Ein Van mit Internetanschluss und ca. 4 Arbeitsplätzen drin. Etliche Monitore, Kabel und Schalttafeln gibts da auch.
  • Produktionskameras
    Die grossen Kameras sind ca. ½ Meter lang und recht schwer. Weshalb die meisten auch auf Stativen platziert sind. Wie viele Kameras für eine Live Production gebraucht werden, hängt natürlich von der Grösse des Events ab. Ab drei Kameras aufwärts funktionierts: wir arbeiteten mit fünf Kameras und einer Drohne. 
  • Und natürlich Kameraleute und Regie (;

Aufstellung

Du hast dich sicher schon mal an grösseren Konzerten wegen des Turmes mitten im Publikum genervt. Dieser ist Teil der Produktion. In diesem Turm, genannt Front of House (kurz FoH), sind neben Ton und Lichttechnik auch Kameras stationiert. Durch die erhöhte Position haben sie mit ihren grossen Zoom-Objektiven optimalen, frontalen Blick auf das Geschehen auf der Bühne. Im Bundeslager positionierten wir zwei Kameras (Stativ) im FoH, eine Kamera (Stativ) rechts auf der Bühne, eine Kamera (handheld) links auf der Bühne und eine war im Publikum (handheld) unterwegs. So konnten wir eine gute Abdeckung kreieren. Eine schematische Darstellung siehst du hier (not to scale):

Schematische Darstellung der Live Produktionen im mova

Funktionen

Für Live Produktionen sind diverse Funktionen notwendig:

  • Kamera
    Eine der Kameras bedienen. Sie sind nur für Zoom und Fokus zuständig.
  • Regie
    Diejenige Person, die bestimmt, wann welches Bild gezeigt werden soll.
  • Technische Leitung
    Sorgt für ein technisch einwandfreies Bild der Kamera, indem sie remote die Blende, den Gain (in etwa ISO) und andere Bildparameter wie die Sättigung verstellt.
  • Bildtechniker
    Sorgt für eine schöne Komposition, Einheitlichkeit und den Look der Produktion
  • Ton / Komm
    Sorgt für technisch einwandfreien Ton der Wiedergabe und stellt den Funkverkehr sicher.
  • Grafik Operator
    Falls Einblender, Zwischenvideos oder grafische Elemente in den Stream eingeblendet werden müssen, ist diese Person dafür zuständig.
  • Produzent
    Gesamtleiter – sorgt dafür, dass alles läuft. 

Bei unserer Produktion mussten wir viele Aufgaben zusammenlegen, da wir sonst zu wenig Leute hatten. So hat die Regie gleich die Funktion des Produzenten, des Bildtechnikers und der Ton / Komm übernommen.

Ablauf einer Produktion

Der Einfachheit wegen gehen wir zu diesem Zeitpunkt mal davon aus, dass das Material schon aufgestellt wurde. Bei jeder der vier Live Produktionen, die wir hatten, gab es im Voraus eine Hauptprobe. Diese bestand für uns aus zwei Teilen:

  1. Tech Check:
    Funktioniert unser Material wie gewünscht? Ist die Funkverbindung gewährleistet?
  2. Probe der Events:
    Kurzes Durchspielen des Events (Wobei kurz auch schnell mal zwei Stunden bedeuten kann). Einerseits half uns das zu wissen, wann wir wo unsere Kamera bereithalten müssen, andererseits war es auch eine Probe für den Ablauf und die Schauspieler. 

Der Event selbst rückte näher und für uns hiess es schon bald, live zu gehen. Etwa eine halbe Stunde vor dem Start des Events starteten wir den Livestream auf YouTube mit einem Standbild. Etwa zehn Minuten vorher wurde auf die Live-Kameras umgeschaltet und wir hielten die Stimmung vor Ort fest. Und dann hiess es: «Los geht’s!» Hier ein typischer Auszug des Funks:

  • Regie: «Kamera 1, totale»
  • (Kamera 1 richtet sich total aus)
  • Regie: «Kamera 1 top!»
  • Regie: «Kamera 3, schönes Bild, daraufhalten … Kamera 3 top!»
  • Regie: «Kamera 4, auf Fokus achten»
  • (Kamera 4 justiert den Fokus)
  • Regie: «Kamera 4, top!»
  • Regie: «Technik, bitte bei Kamera 2 ein wenig mehr Gain»
    usw.

Das Wort «top» bedeutet dabei, dass zu diesem Zeitpunkt die genannte Kamera live ist und übertragen wird. Für den Kameramann/-frau geht ein rotes Licht an der Kamera an. Und so geht es weiter, bis das Event fertig ist.

Produktionen

Unsere Produktionen findest du hier. Mein Part war immer die Bedienung einer der fünf Kameras.

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(mou)

Idee & Motivation

Da ich als langjähriger Pfadi mir das Bundeslager nicht entgehen lassen wollte, suchte ich schon früh nach Möglichkeiten, mich im Bundeslager 2022 zu engagieren. So landete ich im movaTV (Video Crew des Bundeslagers).

Konzeption & Umsetzung

Seitens movaTV war die Konzeption v.a. auf Vorbereitung hinsichtlich des Materials beschränkt. Der Ablauf der einzelnen Zeremonien wurde von anderen Teams des Bundeslagers organisiert. Meine Tätigkeit vor Ort beschränkte sich auf die Testläufe, technische Checks, und am Event selber eine der Kameras bedienen. Die Umsetzung an sich funktionierte erstaunlich gut. Klar gab es mal technische Probleme, die wir aber relativ schnell beheben konnten. Dennoch war es sehr zeitaufwändig, alles in allem. Die Vorbesprechung, Technik Check mit Hauptprobe, die eigentliche Live-Production sowie dann noch die Nachbesprechung und das Aufräumen. 

Selbstkritik & Lessons Learnt

Persönlich finde ich unsere Live Produktionen sehr gelungen. Zumal wir ein zusammengewürfeltes Team aus der ganzen Schweiz waren, das vorher noch nie zusammengearbeitet hat. Auch hatten nicht alle Erfahrung in Live Produktionen und dennoch ist das Endprodukt auf einem anständigen Niveau.

Was ich für mich mitnehme, ist das Unterschätzen der Produktionen: Sie sind strenger als man denkt – physisch wie auch mental. Allem voran sind die handheld Kameras streng zu führen, wenn man sie 4h+ herumtragen muss, wie an der 1. August Feier geschehen. Und auch eine Kamera am Stativ ist nicht zu unterschätzen, denn während der Dauer des Events muss man den Kopf enorm bei der Sache haben. Zu jeder Zeit kann die Regie entscheiden, dass du live gehst – und dann muss einfach alles passen. Auch ist es mit der Produktion selbst nicht getan: Vor- und Nacharbeit sind Pflicht und führen zu noch mehr Müdigkeit (;

Ich hatte meinen Spass: es war einfach saugeil. Wer kann schon behaupten, dass er mit Hecht auf der Bühne vor 30’000 Leuten stand?!