Ein Leben mit Höhen und Tiefen

Beitragsbild Digezz Grossmami

Mein Grossmami erzählt mir aus ihrem Leben. Mit 96 Jahren gibt es da Einiges zu erzählen. Sie hatte ein extrem spannendes Leben, wie ich finde.

«Es ist aber nicht immer nur schön gewesen», warnte sie mich vor unserem Gespräch. Das wunderte mich nur wenig, erlebte mein Grossmami doch den Zweiten Weltkrieg in Basel direkt an der deutschen Grenze und gebar ein uneheliches Kind, meinen Papi, welches aus einer heimlichen Beziehung zu einem Patienten entstand. In den 60er-Jahren war dies ein absolutes No-Go. Als sei dies nicht schon genug, kam dieses Kind mit einer körperlichen Behinderung zur Welt. Doch mein Grossmami war und ist eine Kämpfernatur und hat, wie mir scheint, alle Schwierigkeiten überwunden. Heute sagt sie, dass ihr Sohn trotz allem das Schönste in ihrem Leben sei.

Auf der folgenden Website habe ich das spannende Leben von meinem Grossmami zusammengefasst:
https://www.digezz.ch/projekte/grossmami

(hil)

Die Idee
Immer wieder erfuhr ich einzelne Anekdoten aus dem Leben meines Grossmamis. Doch ich konnte diese nicht zusammensetzen, weil mir einige Informationen dazwischen fehlten oder ich diese bereits wieder vergessen hatte. Damit die Erinnerungen von meinem Grossmami als Zeugin einer vergangenen Zeit nicht in Vergessenheit geraten, wollte ich diese festhalten. Vor der Kamera wollte mein Grossmami nicht über ihr Leben sprechen, das sei ihr zu persönlich. Doch gegen einen Audio-Beitrag und eine Online-Dokumentation hatte sie nichts einzuwenden.

Die Vorbereitung
Mit meinem eigenen Wissen erstellte ich einen groben Lebenslauf von meinem Grossmami. Durch Gespräche mit meinem Vater ergänzte ich diesen. Auf Basis des unvollständigen Lebenslaufs führte ich ein Vorgespräch mit meinem Grossmami. Sie hat mir beim Vorgespräch schon einiges erzählt, dass sie mir beim tatsächlichen Gespräch nicht mehr erzählt hat, weil ich die Information ja schon kannte. Beim nächsten Mal würde ich bereits das Vorgespräch, zusätzlich zum geplanten Interview, aufnehmen.

Die Website
Die Website habe ich mit Adobe XD designt. Dabei war mir wichtig, dass die Website modern wirkt, aber einem trotz dem in vergangenen Zeiten schwelgen lässt. Mit den abgerundeten Ecken und den gewählten Farben und Schriften habe ich dies erreicht.

Dann gings ans Code schreiben. Mit Hilfe von HTML, CSS und JavaScript habe ich die responsive Website programmiert.

Der Lebenslauf
Das Interview mit meinem Grossmami führte ich in ihrem Zimmer im Altenheim. Ich positionierte ein Richtmikrofon auf einem Tischstativ auf dem Tisch und legte das Stereo-Mikrofon eines Zoom H6 direkt auf den Tisch. Dies war ein Fehler. In der Postproduction stellte ich fest, dass der Stuhl und der Tisch wackelten und dabei Geräusche von sich gaben. Zudem bewegte sich dadurch das Mikrofon auf dem Tisch leicht, wodurch es ebenfalls zu unschönen Geräuschen kam. Da ich inhaltlich sehr zufrieden mit dem Interview war und es für mein Grossmami psychisch sehr anstrengend ist, über ihr Leben zu sprechen, wollte ich das Interview nicht ein zweites Mal führen. Stattdessen versuchte ich in der Postproduction mit Adobe Audition so gut wie möglich das Audio zu retten. Ich arbeitete mit der Funktion «Capture Noise» sowie mit dem Equalizer. Dabei war nicht nur das Knarren des Tischs ein Problem, sondern auch das laute Grundrauschen des Mikrofons. Wie bereits erwartet konnte ich trotz hohem Zeitaufwand nur bedingt das Audiosignal verbessern.

Die Schwierigkeit beim Schneiden war zudem, das 90-Minütige Audio-Material auf einen vernünftigen Rahmen herunterzubrechen und thematisch clever zu ordnen. Denn während dem Interview ist mein Grossmami ab und zu in der Zeit herumgesprungen. Zudem war es eine Herausforderung mit Hilfe des Kommentartexts den Audio-Beitrag auch für Rezipienten, welche unsere Familiengeschichte nicht kennen, verständlich zu machen. Ausserdem war ich ab und zu im Klinsch, ob ich die zum Teil sehr langen Sprechpausen von meinem Grossmami der Authentizität halber behalten sollte, oder besser hinausschneide, damit es für den Rezipienten angenehmer ist zuzuhören. Ich entschied mich für einen Mittelweg.

Ich wollte den Lebenslauf auch visuell ansprechend darstellen. Mit Hilfe von JavaScript stellte ich die einzelnen Ereignisse in einem Akkordeon-Menü dar. Die Herausforderung war, dass es in der Desktop-, wie auch in der Mobile-Ansicht, problemlos funktioniert und ansprechend aussieht. Dank meiner Geduld und diversen Google-Suchresultaten konnte ich dies eigenhändig programmieren.

Der Stammbaum
Damit die Rezipienten besser nachvollziehen können, von wem mein Grossmami spricht, entschied ich mich zusätzlich einen Stammbaum in die Website zu implementieren. Ich wollte diesen zuerst mit Hilfe eines einfachen Organization Chart von Google Charts erstellen. Erst beim Implementieren meiner Daten stellte ich fest, dass es in einem Organization Chart jeweils nur eine Überkategorie gibt und ich Vater und Mutter nicht separat abbilden kann. So machte ich mich auf die Suche nach einer Library für einen Stammbaum. Fündig wurde ich bei Balkangraph mit dem Royal Family Tree.

Nach dem ich mich etwas mit dem Code beschäftig hatte, konnte ich die Inhalte des eigentlichen Stammbaums relativ einfach setzen. Schwieriger war es mit dem Pup-Up-Fenster, welches erscheint, wenn man auf eine Person klickt. Einerseits wurden dort zu viele und die falschen Inhalte, wie Beispielsweise die ID angezeigt. Andererseits wollte ich die Farben und Formen auf mein Design anpassen. Bis ich herausgefunden habe, dass ich Datenfelder in eckigen Klammern ebenfalls im CSS ansprechen kann, vergingen etliche Stunden. Doch das Suchen hat sich gelohnt, jetzt sind nur noch die richtigen Felder zu sehen. Die Farben liessen sich grösstenteils nicht per CSS steuern, sondern mussten direkt im JavaScript-Code angepasst werden. Bei so einer Bleiwüste ist das auch mit Hilfe von Suchen und Ersetzen eine Detektivarbeit.

Mein Fazit zum Benutzen einer Library: Man hat zwar relativ schnell ein Resultat, dass nach Etwas aussieht, doch um danach benutzerdefinierte Anpassungen vorzunehmen, muss man sich intensiv mit dem Code beschäftigen und braucht dafür sehr viel Zeit.

Das Fotoalbum
Etwas vom zeitintensivsten beim Erstellen des Fotoalbums war das Zusammentragen der Fotos. Ich stöberte in alten Kisten und Fotoalben, scannte die Fotos und bearbeitete diese in Photoshop. Ich durchforstete unsere 1,7 TB schweren Foto-Server und trug die wichtigsten Fotos zusammen. Das schwierige dabei war, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren und nicht in alten Erinnerungen zu schwelgen.

Die Fotos zeigte ich auf meinem Laptop meinem Grossmami und liess sie dazu erzählen. Als Aufnahmegeräte benutzte ich ebenfalls das Stereo-Mikrofon des Zoom H6 sowie ein Richtmikrofon. Zusätzlich filmte ich den Bildschirm mit meinem Handy, damit ich später nachvollziehen konnte, wenn mein Grossmami auf jemanden auf dem Foto gezeigt hatte.

In Adobe Premiere brachte ich die Fotos in eine vernünftige Reihenfolge und sortierte diejenigen Fotos aus, zu denen mein Grossmami nicht viel sagen konnte. Danach kümmerte ich mich in Adobe Audition um das Audio. Auch hier gelang es mir nur bedingt, die Audiodatei von den vielen Störgeräuschen zu befreien. Zum Schluss erstellte ich mit After Effects das Fotoalbum. Ich habe das Programm schon lange nicht mehr benutzt und habe mir deshalb ein paar Tutorials zur Hilfe genommen. So zum Beispiel, um das Buch zum Blättern zu bringen oder um einen Kreis zu zeichnen.

Fazit
Das Projekt hat mich technisch gefordert und ging mir emotional sehr nah. Es freut mich auf diesem Weg ein Teil meiner Familiengeschichte festhalten zu können. Beim nächsten Mal nehme ich das Audio in besserer Qualität mit weniger Störgeräuschen auf. 😉