Die Zeit der Zeitung läuft ab

Wie die Zeit(ung) vergeht

Maschinen drucken immer weniger Zeitungsauflagen. Viele Lesende holen sich auf digitalen Kanälen ihre Informationen und lassen sich auf Social Media unterhalten. Die Zeitung als solches verschwindet früher oder später ganz, so viel ist klar.

Online entsteht dadurch ein Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums, besonders bei staatlich-unabhängigen Medienhäusern. Dort ist öfters zu beobachten, dass der ein oder andere Titel im Artikel nicht hält, was er verspricht. Ausserdem ist es auch ein Wettlauf gegen die Zeit. News sollen so schnell wie möglich veröffentlicht werden. Das passiert oft, ohne dass fundierte Informationen vorliegen und die Verfassenden Hintergrundwissen dazu haben.

Misstrauen und reisserische Titel

Von reisserischen Headlines erhoffen sich die Medienhäuser mehr Lesende und höhere Klickzahlen. Eine hohe Klickrate ist essenziell für die Einnahmen – besonders da diese der Werbekundschaft präsentiert werden muss. Es wurden bereits früher im Journalismus reisserische Headlines geschrieben, doch der Druck auf die Medienhäuser hat zugenommen. Grund dafür sind die knappen finanziellen Ressourcen und die schnelllebige Onlinewelt.

In meinem Video zeige ich eine analoge Animation mit einem bereits altmodischen Informationsmedium: Die Zeitung (Printversion). Eine Printzeitung diente mir als Grundlage. Mit Acrylfarbe fügte ich eine neue Ebene hinzu. Damit gestaltete ich die Artikel um oder verstärkte sie in ihrer Aussage. Ich setzte mich dabei mit Fragen auseinander, die mir beim Medienkonsum oft aufkommen.

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Das Video soll dabei auf die aktuell unsichere Lage im Journalismus anspielen. Unsicher ist die Lage auch deshalb, weil sich die Bevölkerung nicht sicher scheint, wem und was Vertrauen geschenkt werden kann. Gerade durch die unübersichtliche Lage während der Corona-Pandemie verstärkte sich das Misstrauen gegenüber den Medien und hält immer noch an.

Labyrinth

Der Videobeitrag soll die Situation nicht schwarzmalen, sondern die Kritik an der Branche künstlerisch verbildlichen. Die Branche braucht eine Neuorientierung im Labyrinth der unterschiedlichen Informationsflüsse. Sie braucht sich zu fragen: Welche Strategie soll verfolgt werden? Was macht wirtschaftlich Sinn? Und vor allem: Was ist gesellschaftlich sinnvoll?

Für qualitative Vielfalt im Journalismus

Möglicherweise sollten Medienhäuser künftig vermehrt auch durch staatliche Gelder finanziert werden und diese sollten mehr als einen Kanal betreffen. Einige Kulturinstitutionen sind von öffentlichen Geldern abhängig. Sie bieten der Gesellschaft Unterhaltung – auch im Journalismus könnte das eine mögliche Strategie sein. Neben Unterhaltung sorgt dieser nämlich noch für andere wichtige Funktionen: die Demokratie zu stützen und die Leute gut zu informieren.

(stm)

Umsetzung

Angefangen habe ich damit, dass ich eine Zeitung und dessen Artikel untersucht habe. Ich überlegte mir, welche Titel was Aussagen und wie man diese sonst noch interpretieren könnte. So ist beispielsweise bei dem Titel «Baustelle und Verwirrung» einerseits die des Autostaus, andererseits auch die Gefühlslage gemeint, die unter diesem Titel erscheinen könnte. Bei den meisten Headlines hatte ich schon vorab ungefähr einen Plan, wie ich sie bildnerisch umgestalten möchte. Das Malen geschah dann ziemlich intuitiv. Ich musste oft aufpassen, die Zwischenschritte auch wirklich mit der Kamera festzuhalten und nicht schon weiter zu malen. Die ganze Animation zu erstellen war sehr zeitintensiv. Gerade durch die Aufnahmen während jedem Zwischenschritt beim Malen.

Herausforderung

Das Videomaterial aufzunehmen und zusammenzuschneiden brauchte viel Feingefühl und Geduld. Letzteres war besonders herausfordernd beim ständigen Fotografieren und dem Schnitt von den Übergängen. Beim Auswählen der Musik gab ich mich lange nicht zufrieden und so habe ich viel Zeit dafür investiert, ohne wirklich vorwärts zu kommen. Am Schluss hat es sich jedoch gelohnt, auch dafür mehr Zeit zu investieren.

Das Thema ist relativ persönlich, da ich momentan auch in dieser Branche arbeite. Für mich stellen sich auch Fragen, ob und wie ich mich in dieser Branche weiterhin sehe. Mir ist wichtig zu erwähnen, dass das Video das Medium Zeitung und die Journalismus-Branche nicht komplett schwarzmalen soll. Gleichzeitig möchte ich aber auch den Freiraum lassen, das Video so zu interpretieren, wie man möchte und sage während dem Video nichts.

Ich habe mich mit eigenen Fragen auseinandergesetzt und merkte, dass ich mit dem Video nochmals mehr Fragen aufgeworfen habe. Doch genau das hat mir auch Spass gemacht. Mich mit etwas zu befassen und mir bewusst zu sein, dass es sich immer wieder neu entwickelt und neu herausgefunden werden muss. Damit beziehe ich mich auf die persönliche Arbeit, aber auch diese in einer Branche, welche sich ständig verändert.

Learning

Beim Videodreh waren die Lichtverhältnisse nicht immer schön gleich. Darauf würde ich in Zukunft mehr achten. Bei manchen Stellen bin ich auch sonst nicht ganz zufrieden und hätte sie im Nachhinein noch schöner gestaltet. Während der Arbeit habe ich eine Art Flow erfahren, welcher mir sehr gefiel. Das Gefühl stellte sich teils wieder ein und ich kam länger nicht weiter. Künftig würde ich in solchen Situationen zuerst wieder mehr Abstand nehmen oder an anderen Stellen weiterarbeiten, um mich nicht in Kleinlichkeiten zu verrennen.