Sagen Sarganserland

Dr Räuber Haniggel



Dialekt

Dr Haniggel se¨g ä Räuber und Mörder gsii. Schlau und starch und flingg wen ä Chatz. Chuu sy söll er us em Tyroulischä. Dr Landvogt heïg dinn alli Lantjeïger und mingmoul au no ä Täil vum Landsturm uufpottä, winn er amenä Ort uuftaucht seïg. Ämoul heïgens nä dinn vertwütscht und an d Chetti pundä. In Hundstall uf d Schloss heïgens ä proucht und vor em ysäpschlagnä Töürli a Toppelwacht uufgstellt.
Am anderä Morgä seï ds Landgricht uf em Schloss zimmächuu und schu im vouruus äis gsii: Där muess dra glaubä. Dr Landvogt heïg nu na ds gschriibä Toudesurtäil wellä sigglä. Där Haniggel hett na söllä vor em Väschperütä am Galgä hangä. Wos nä us em Hundstall usä heïgen, sa heïg er si wie nä Schouf an dr Chetti füerä luu. Passiert seïs erscht, wo si ds ouber Tour off tuä heïgen und d Sunnä über ä Schlosshouf in Gang yhä gschuunä heïg. Duä verrupfi där Haniggel mit äim Schranz d Chettnä und machi dr Überschlaag, ass diä Chnächt um ä umi wie Schyttli vunander gspiggt seïgend und schüüsi in Schlosshouf ussi und über d Muur ai, vor d Mannschaft nu zum Schregg uus chuu weïr. Wo si uf d Muur ufi seïgen, gsäächen si nu na, wie där Haniggel über ä schlosshügel ai ds Raad schleïch und be dr Spleï niidä in dä Stuudä verschwindi. Si weïren nid ämoul meï d Luntä uf d Pfannä vu dä Flintä z tuä chuu. Für nä Wyl heïg mä där Haniggel duä nümä im Sarganserland gsi. Spöüter söll mä nä dinn aber glyh z fassä chuu sy. Zur Warnig für ander Galgävöügel heïgens nä ä paar Wuchä lang an dr Sour jus zwüschet Himmel und Ärdä hangä luu. – Diä Gschicht vum Räuber Haniggel hät nis dinn dr Vater verzellt.

Deutsch

Der Haniggel sei ein Räuber und Mörder gewesen. Schlau und stark und flink wie eine Katze. Gekommen sei soll er aus dem Tirol. Der Landvogt habe dann alle Landjäger und manchmal auch noch einen Teil des Landsturms aufgeboten, wenn er an einem Ort aufgetaucht sei. Einmal hätten sie ihn dann erwischt und an die Kette gebunden. In den Hundestall auf das Schloss hätten sie ihn gebracht und vor dem eisenbeschlagenen Türchen eine Doppelwache aufgestellt.
Am anderen Morgen sei das Landgericht auf dem Schloss zusammengekommen und schon im voraus einig gewesen: Der muss dran glauben. Der Landvogt habe nur noch das geschriebene Todesurteil siegeln wollen. Der Haniggel hätte noch vor dem Vesperläuten am Galgen hängen sollen. Als sie ihn aus dem Hundestall heraus hätten, da habe er sich wie ein Schaf an der Kette führen lassen. Passiert sei es erst, als sie das obere Tor geöffnet hätten und die Sonne über den Schlosshof in den Gang herein geschienen habe. Da zerriss dieser Haniggel mit einem Schranz die Ketten und mache den Überschlag, dass die Knechte um ihn herum wie Scheiter auseinander gespickt seien und schoss in den Schlosshof hinaus und über die Mauer hinunter, bevor die Mannschaft nur zum Schrecken herausgekommen wäre. Als sie auf die Mauer hinauf seien, sahen sie nur noch, wie dieser Haniggel über den Schlosshügel hinunter das Rad schlug und bei der Splee unten in den Stauden verschwand. Sie wären nicht einmal mehr dazu gekommen, die Lunte auf die Pfanne der Flinten zu tun. Für eine Weile habe man den Haniggel dann nicht mehr im Sarganserland gesehen. Später soll man ihn dann aber doch zu fassen gekommen sein. Zur Warnung für andere Galgenvögel hätten sie ihn einige Wochen lang an der Saar draussen zwischen Himmel und Erde hängen lassen. – Diese Geschichte vom Räuber Haniggel hat uns dann der Vater erzählt.