Wie kann ein B2B-Unternehmen seine visuelle Marke verjüngen?

Die Unternehmenskommunikation verschiebt sich zunehmend auf Social Media. Reizüberflutung, Preisverfall und billiger Social Content prägen dort die Medienlandschaft. Und das nicht ohne Grund: pro investierter Werbefranken lässt sich auf Instagram, TikTok und co. die grösste Anzahl Menschen erreichen. Das kann sich insbesondere für ein Unternehmen mit einem vergleichsweise günstigen Produkt und einer breiten Zielgruppe auszahlen.

Doch etwas bleibt dabei oftmals auf der Strecke: Unternehmenswerte und die langfristige Markenbildung. Qualitativ hochwertige Visuals mit einem längeren Lebenszyklus eben. Hier setzt der Imagefilm an. Oftmals für ein breites Publikum konzipiert, hat er doch ein klares Ziel: langfristige Markenbildung.

Für ein traditionsreiches Industrieunternehmen mit einem komplexen Produkt kann das eine Herausforderung sein. Dieser Herausforderung begegnete ich (León Olbrecht) auch mit der Textilcolor AG. Ihr Hauptsitz liegt in Sevelen SG, über tausend verschiedene Chemieprodukte verkaufen sie in der ganzen Welt. Sie spezialisieren sich auf Textilhilfsmittel und Farbstoffe im B2B-Geschäft.

Abbildung 1: Hauptsitz der Textilcolor AG in Sevelen SG

Ich erhielt von der Textilcolor den Auftrag, einen Imagefilm zu konzipieren und im Anschluss umzusetzen. 

Die eierlegende Wollmilchsau

Das Briefing lautete: Der Film soll das Unternehmen in professioneller und ansprechender Weise einem breiten Publikum vorstellen. Gleichzeitig muss der Film auch ohne Ton funktionieren und darf maximal 90 Sekunden dauern. Der Verwendungszweck ist ebenso vielfältig: Website, Social Media, Messen und sogar in Beratungsgesprächen. Die eierlegende Wollmilchsau eben.

Für ein vorangegangenes Projekt im Auftrag von Textilcolor haben meine Studienkollegen Raphael Schnell und Jan Vils die Unternehmenswerte von Textilcolor erarbeitet. Diese wurden als sogenannte «Buzzwords» in englischer Sprache zusammengefasst:

Personalized Support

  • Individuelle Hilfe oder Beratung, die auf die spezifischen Bedürfnisse, Vorlieben und Umstände einer Person zugeschnitten ist.
  • Ein massgeschneiderter Ansatz, der die einzigartigen Merkmale und Anforderungen berücksichtigt.
  • Unternehmenswerte: Persönliche Beratung, Massgeschneiderte Produkte, Zusatzleistungen

Worldwide Partner

  • Eine umfassende und globale Zusammenarbeit.
  • Eine Beziehung, die sich über internationale Grenzen hinweg erstreckt.
  • Unternehmenswerte: Internationalität, Zuverlässigkeit, Liefersicherheit

Tailored Service

  • Bedarfsgerechte Versorgung
  • Individuelle Betreuung
  • Unternehmenswerte: Familiarität, Problemlöser, Persönliche Ansprechperson

Innovative Sustainability

  • Schwerpunkt auf vorausschauende Ansätze zur Bewältigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen.
  • Unternehmenswerte: Innovation, Nachhaltigkeit, Nachhaltige Forschung, Nachhaltige Produktion

Swiss Engineering

  • Hebt die hohen Standards und die Qualität von Produkten und Dienstleistungen aus der Schweiz hervor.
  • Unternehmenswerte: Swissness, Qualität

Für eine Messe in Deutschland haben Raphael Schnell und Jan Vils einen Messeloop erstellt, der auf einem grossen Bildschirm in Endlosschlaufe abgespielt wurde. Ziel war es, die Unternehmenswerte ansprechend zu vermitteln.

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Primär die Unternehmenswerte «Swissness» und «Sustainability» sollen beim Imagefilm in Zentrum stehen. Die saubere Vorarbeit erwies sich in meinem Prozess als sehr nützlich.
Meine zentrale Herausforderung war nun, diese beiden recht allgemeinen Werte glaubwürdig zu machen.

Abbildungen 2 und 3: Produktion der Textilcolor AG in Sevelen SG

Swissness liegt auf der Hand – durch ihren Hauptsitz im Rheintal ist das gegeben. Auch die persönliche und sympathische Tonalität im Film soll dazu beitragen. Die Textilhilfsmittel, die die Textilcolor herstellt, werden unter anderem auch in Regenjacken und Wanderschuhen eingesetzt. Wir hatten die Idee, Wanderer in der Natur zu zeigen, die dank der Technologien von Textilcolor im Regen trocken bleiben. So konnten wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – wir zeigen die komplexen Technologien der Textilcolor anhand eines einfachen Beispiels und können mit Naturaufnahmen in den Bergen noch mehr Swissness in die Bildsprache einfliessen lassen. Auch die Produktion in Sevelen wird gezeigt. Ich habe die Niederlassung mehrmals selbst besucht und mir ein Bild davon gemacht.

Nachhaltigkeit glaubhaft zu machen war für mich die grössere Herausforderung. Die Kundschaft erwartet heutzutage Nachhaltigkeit. Es reicht also nicht, sich nur als nachhaltig zu bezeichnen, sondern man muss Beweise liefern. Hier verweisen wir auf das Prinzip «Best Available Sustainable Technology» – Hier versucht man die Chemieproduktion so umzugestalten, dass man die Verwundung von nicht erneuerbaren Rohstoffen auf ein Minimum limitiert. Hier ist es wichtig, ehrlich zu sein: eine Industriefirma alleine kann die Welt nicht retten. Sie kann aber alles tun, was in Ihrer Macht steht, um den eigenen Fussabdruck zu reduzieren.

Abbildung 4: Skizzen in der Konzeptionsphase

Im weiteren Prozess haben wir die strategischen Überlegungen in eine Bildsprache übersetzt. Wir gingen dabei nach dem Prinzip «organisiertes Chaos» vor – eine Kombination von abwechselndem Brainstorming, sich-inspirieren-lassen und Clustering, resp. Strukturierung der entstandenen Ideen.

Im letzten Schritt der Postproduktion reduzierte ich die Ideen in Absprache mit dem Kunden zu einem Storyboard. Dieses werden wir im Juli und August diesen Jahres umsetzen.

(eli)

Ich habe bisher für kaum ein Projekt so viel Zeit für die Preproduction eingeplant. Vor dem Dreh habe ich drei Mal die Firma besucht – zum einen um die Produktion zu besichtigen, aber auch um die Mitarbeitenden persönlich kennenzulernen. Die Kombination aus diversen Meetings mit dem Kunden, Austausch mit Studienkollegen und Arbeitsphasen alleine erwies sich als sehr sinnvoll und effizient. Für mich ist es immer spannend, sich in ein Unternehmen zu vertiefen und sich mit dessen Mitarbeitenden, Werten und Vision auseinanderzusetzen. Die Kombination aus dem strategischen, betriebswirtschaftlichen Denken und dem kreativem, filmerischen Umsetzen macht für mich den Imagefilm äusserst interessant.