Mit Geschlechterdifferenzen konfrontiert

Im Sport existieren zwei Kategorien: Männer und Frauen. Auf der Annahme beruhend, dass Frauen im Sport schwächer und somit weniger leistungsfähig sind, entstehen Geschlechterdifferenzen. Und immer wieder wird dieses binäre Geschlechtersystem im Sport herausgefordert.

Berlin 2009. Die erst 18-jährige Mittelstreckenläuferin Caster Semenya läuft an den Leichtathletik-Weltmeisterschaften über die Ziellinie und lässt ihre Konkurrentinnen weit hinter sich. Für Caster Semenya die persönliche Bestzeit: 1:55, 45. Doch freuen kann sich die Südafrikanerin nicht lange. Ihre Leistung wird «zu gut» für eine Frau eingestuft. Sie muss zum Geschlechtertest. Der Blick titelte: «Hosen runter! Ist die Siegerin ein Bub?» Der Mediendiskurs begann und nahm durch die Einführung der Testosteron-Regelungen von World Athletics seinen Lauf.

Wird über das Geschlecht gesprochen, ist es wichtig, in Geschlechtsidentität (gender) und biologisches Geschlecht (sex) zu unterteilen. Die Geschlechtsidentität bezieht sich dabei auf das innere Wissen eines Menschens, wie sie sich selbst wahrnehmen und wahrgenommen werden wollen. Das biologische Geschlecht geht vom biologischen Zustand aus und wird in der Biologie – wie die Geschlechtsidentität auch – als Spektrum angesehen.

Caster Semenya ist nicht die einzige intergeschlechtliche Athletin, die den Sport an seine Grenzen brachte. Annet Negesa, Margaret Wambui, Francine Niyonsaba sind nur einige weitere Athletinnen, welche aus dem binären Geschlechtersystem im Sport rausfielen. Die intergeschlechtlichen Athletinnen bewegen sich nämlich im Spektrum zwischen Mann und Frau. Genauer gesagt, besitzen sie einen höheren Testosteronwert, als World Athletics für die Kategorie der Frauen bestimmt hat.

In meiner Bachelorarbeit bin ich somit der Frage nachgegangen, wie viel «Männlichkeit» in einer Athletin stecken darf. Mittels einer Dokumentenanalyse habe ich den medialen Diskurs der südafrikanischen Mittelstreckenläuferin Caster Semenya untersucht. Dabei befasste ich mich ausgiebig mit der Literatur, wobei die Geschlechterdifferenzen sowohl sportlich als auch medial eine grosse Rolle spielten.

Geschlechterdifferenzen zeigen sich in den Regelungen der jeweiligen Sportarten, im Lohn oder in den Zuschauer:innenzahlen. Zudem zeigen sie sich in der medialen Berichterstattung, indem der Frauensport einen weniger hohen Stellenwert als der Männersport geniesst.

Mit diesem Wissen konnte ich den medialen Diskurs von Caster Semenya in Kontext bringen. Das Ziel war es nämlich, herauszufinden, welchen Einfluss die Geschlechterdifferenzen auf die mediale Rezeption von intergeschlechtlichen Athletinnen ausüben.

Die Ergebnisse: Sportliche Leistung wird immer noch männlich konnotiert. Caster Semenyas sportliche Leistung wurde durch medizinisch belegtes Fachwissen geschwächt. Männlich konnotierte Attribute, wie zum Beispiel ihre tiefe Stimme oder definierten Muskeln wurden erwähnt, um ihre Unweiblichkeit zu unterstreichen, dass sie trotzdem nicht ganz eine Frau ist. Daraus wird geschlussfolgert, dass Caster Semenya einen sportlichen Vorteil gegenüber ihren Konkurrentinnen hat.

Geschlechterdifferenzen im Sport beschäftigten mich auch in meinem Lehrprojekt. Mich nahm es wunder, wie es ist, als Frau in einer männerdominierten Sportart mit Geschlechterdifferenzen konfrontiert zu werden. Deshalb erzählen zwei ehemalige Athletinnen, wie sie in ihrer Sportart ihre Passion fanden, mit welchen Geschlechterdifferenzen sie konfrontiert wurden und wie sie Weiblichkeit im Sport wahrnehmen. Auf dieser Webseite können die zwei Porträts angesehen werden.

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