«Meh aus nur ä Bruef!» – eine Nachwuchskampagne für den Bäckerverband

In der Schweiz herrscht ein Fachkräftemangel. Nicht nur in der IT, Gesundheits- und Pflegebranche, sondern auch in vielen handwerklichen Berufen. Um dem entgegenzuwirken, investieren viele Branchenverbände in ein gezieltes und umfassendes Nachwuchsmarketing. Für den Bäckerverband der Kantone Bern & Solothurn entstand daraus die Kampagne: Lehrbeck.ch – meh aus nur ä Bruef!

Die Anzahl Lernende geht schweizweit zurück – wie in praktisch allen Handwerksberufen. Das merkt auch der Bäckerverband Bern-Solothurn (BCBS). Es sei immer schwieriger, alle Lehrstellen zu besetzen und die Jugendlichen für diesen Beruf abzuholen, so der Verband. Im Jahr 2008 befanden sich noch mehr als 1300 Personen in einer Ausbildung zum Bäcker-Konditor oder Konditor-Confiseur (EFZ & EBA). Innert 10 Jahren halbierte sich jedoch die Anzahl Auszubildenden auf knapp 600 Lehrstellen (Schweizerischer Bäcker-Konditorenmeister-Verband, 2019). Dieses Problem kennen auch andere Berufsbranchen wie z.B. Handwerker oder Gebäudetechniker. Diese versuchen deshalb schon seit einiger Zeit, vermehrt Jugendliche mit kreativen und packenden Inhalten auf Social Media anzusprechen.

Ein Imageproblem

Zusammen mit meinem Vater, Chefexperte und ÜK-Leiter für die Bäcker-Konditor- und Confiseur:innen im Kanton Bern und Solothurn, haben wir uns überlegt, wie wir Jugendliche für diese Berufe ansprechen und begeistern wollen. Er sieht das Problem darin, dass Handwerkliche Arbeit ein tiefes gesellschaftliches Ansehen hat. Viele Eltern versuchen, ihr Kind mit allen Mitteln ins Gymnasium zu kriegen. «So gehen viele gute Bäcker verloren», meint er im Gespräch. Klar ist: Die Branche hat ein Imageproblem. Die Lösung? «Der Verband muss die Leidenschaft für den Beruf vorleben und so bei den Jungen das Feuer entfachen.».

Status Quo

Beim Recherchieren fiel mir auf, dass auf Social Media wenig oder fast keine Kommunikation bzw. Werbung für Bäcker-Lehrstellen betrieben wird. Die Inhalte auf Lehrstellen-Plattformen wie Yousty oder berufsberatung.ch sind veraltet und nicht wirklich zielführend. Einzig die Website von «forme-deine-zukunft.ch», betrieben vom nationalen Bäcker-Verband, bietet den Jugendlichen eine ansprechende Anlaufstelle, um sich über den Beruf zu informieren. Doch diese ist nur teilweise für die Lehrstellen-Suche geeignet. Ideal wäre es doch, wenn man auf einen Blick alle Betriebe im Kanton Bern & Solothurn auf einer Karte sehen könnte, die eine Lehrstelle auf diesem Gebiet anbieten.

Die Lösung: eine Crossmediale Nachwuchskampagne

Mir war schnell klar, hier muss etwas Neues und Ansprechendes her. Angefangen mit einem wohlklingenden Claim, der einfach zu merken ist: «Meh aus nur ä Bruef!». Dieser Claim sollte sich wie ein roter Faden durch die ganze Kampagne ziehen und für die Wiedererkennbarkeit sorgen.

Der Hauptfokus liegt dabei auf der Website «Lehrbeck.ch», die als Ergänzung zu «Forme-deine-Zukunft.ch» dient. Darauf werden kurz und knapp die wichtigsten Informationen zu den Berufen gebündelt sowie neue ansprechende Videos und Bilder. Diese werden auch für Social Media gebraucht. Die Idee hierbei ist, dass wir den Bäckereien, Konditoreien und Confiserien den Content bereitstellen und diese die Weiterverbreitung selbst (via Homepage, Social-Media-Kanäle, Screens, etc.) regeln können. So können die Betriebe potenzielle Lehrlinge in ihrer Region gleich direkt erreichen.

Hier geht’s zur Website: Lehrbeck.ch

Einige Beispiele der Social-Media-Posts:

(mou)

01 – Idee:

Ich hörte meinen Vater zuhause schon oft über die aktuelle Situation zu den fehlenden Lernenden in den Bäckereien sprechen. Da der nationale Verband nicht viel in ein Nachwuchsmarketing investiert, kam er mit der Bitte zu mir, ob wir für den Verband Bern-Solothurn etwas Eigenes machen könnten. Im Rahmen von Digezz habe ich mir dann überlegt, wie man die Bäcker-Betriebe sowie Lehrstellensuchenden zusammenbringen könnte.

02 – Umsetzung:

In einem ersten Schritt erstellte ich ein kurzes Konzept, welches ich meinem Vater sowie den Verantwortlichen des Bäckerverbandes Bern-Solothurn zukommen liess. Darin zeigte ich erste Ideen zu den Social Media-Posts und der Website auf. Mit ihrem OK begann schliesslich die Umsetzung der ersten Massnahmen: der Social Media Beiträge und Kurzvideos.

Video- Fotoshooting:
Zusammen mit meinem Vater organisierten wir mehrere Dreh- und Shooting-Locations in der Region Bern und Umgebung. Insgesamt war ich in sechs verschiedenen Bäckereien am Fotografieren und Filmen und produzierte mehr als 200 GB an Daten. Nach den Shootings galt es jeweils, das produzierte Material zu sichten und zu sortieren, was reichlich Zeit in Anspruch nahm. An einer Location fotografierte ich jeweils mehr als 200 Bilder, wovon ich dann ca. 20 auswählte und zur Nachbearbeitung in Photoshop angepasst habe. Damit die Posts später alle im gleichen Stil daherkommen, erstellte ich eine Vorlage mit dem Logo und Text, bei dem ich das Bild nur noch einfügen und den Text anpassen musste.

Anschliessend setzte ich mich an die vier Kurzvideos, die jeweils einen der Berufe (Bäcker:in, Konditor:in, Confiseur:in, Detailhandelsfachmann /-frau) vorstellt. Den Schnitt machte ich in Premiere Pro und die Animation bzw. das Outro in After Effects. Nebst dem normalen Format für den Desktop (Full HD, 16:9), erstellte ich auch die Formate 1080×1350 (4:5) für Instagram-Beiträge und Hochformat-Videos in 1080x1920in (9:16) für Storys. Das Ziel damit ist, dass die Bäckereien anschliessend selbst aussuchen können, welches der Formate sie bei ihnen posten möchten. Sei es auf ihrer Website, den sozialen Medien oder auf Screens in den Verkaufsläden.

WordPress
Als ich die Videos und Bilder fertig bearbeitet hatte, stand die grössere Arbeit bevor. Das Designen und Aufsetzen der Homepage. Für mich war schon zu Beginn an klar, dass ich mit einem WordPress-Theme arbeiten möchte. Einerseits wegen den technischen Herausforderungen wie die Google Maps-Karte und den verlinkten Betrieben, aber auch in Hinblick darauf, dass die Website zukünftig auch von Personen im Verband wie meinen Vater bedient werden kann. Nachdem ich die Domains (lehrbeck.ch & lehrconfiseur.ch) gekauft habe und bei Hostpoint den Webhost und WordPress aufgesetzt habe, suchte ich nach einem geeigneten Theme für die Umsetzung der Homepage. Ich entschied mich für kein 0815 WordPress-Theme, sondern ein Spezielles, welches eigentlich für Designer und ihr Portfolio ausgerichtet ist. Da ich bald mal mein eigenes Portfolio mit genau diesem Tool erstellen möchte, bot es sich an, hierfür auch gleich Semplice einzusetzen. Es ist zwar nicht gerade das Billigste Theme auf dem Markt, aber es bietet viele tolle Funktionen und Plugins, die eine professionelle und anschauliche Website ermöglichen.

03 – Learnings:

Filmen in Bäckereien kann ziemlich herausfordernd sein, da die Lichtverhältnisse oftmals eher schlecht sind und man nicht viel Platz zur Verfügung hat. Aus diesem Grund habe ich zwar auf externes Licht verzichtet, konnte aber mit dem Diffusor/Reflektor die Lichtverhältnisse ein Wenig steuern. Im Nachhinein wäre es aber besser gewesen, hätte ich trotzdem eine Softbox sowie ein Gimbal für den Dreh mitgenommen. Bei den nächsten Videos möchte ich auch mehr ins Sounddesign investieren, wo ich jetzt ziemlich Zeit eingespart habe.

Mit dem Theme von Semplice konnte ich meine Ideen und Vorstellungen der Seite wie gewünscht umsetzen. Äusserst mühsam war allerdings das Erfassen aller Betriebe in den Kantonen Bern und Solothurn, die Lehrstellen im Bereich Bäcker, Confiseur und Detailhandel anbieten. Ich habe vom Verband eine Excel-Liste erhalten und danach alle Betriebe manuell im Backend erfasst mit Adresse, Telefon, Homepage und Logo. Eine sehr zeitintensive Arbeit. Doch jetzt besitzen Lehrstellen-Suchende die Möglichkeit, auf einen Blick sofort alle Betriebe zu sehen, die Lehrstellen anbieten. Persönlich finde ich ein extrem praktisches Tool.

Jetzt wo alles produziert ist, ist die Erleichterung bei mir sehr gross. Alleine eine ganze Kampagne aufzusetzen, die Texte, das Design sowie die Umsetzung der Website und die vielen Dreh- und Shooting-Tage waren ein enorm grosser Aufwand. Umso grösser ist die Freude, das fertige Produkt endlich begutachten zu können. Nun hoffe ich, dass sich durch diese Massnahmen wieder vermehrt Jugendliche für eine Lehrstelle als Bäcker-Konditor-Confiseur:in entscheiden.