Live at ESC: Mobile und mittendrin

Als MMP-Studentin im zweiten Semester hätte ich nie gedacht, dass ich schon so früh Teil eines der grössten internationalen Broadcast-Events sein würde – dem Eurovision Song Contest 2024. Doch genau das durfte ich erleben: Als Mobile Livecamera-Operatorin bei der offiziellen Turquoise Carpet-Eröffnungszeremonie in Basel.

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Wie kam es dazu?

Die gesamte Produktion der Turquoise Carpet-Show wurde von Studierenden der FH Graubünden übernommen – ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie praxisnah Ausbildung an Hochschulen heute sein kann. Im Rahmen einer Ausschreibung der SRG SSR konnten die FHGR-Studierenden mit ihrem Konzept überzeugen und erhielten den Zuschlag für zwei offizielle ESC-Shows. Im Rahmen der Public-Value-Initiative der SRG planten und produzierten rund 50 Multimedia-Studierende nicht nur den Turquoise Carpet, sondern auch die «City Handover & Semi-Final Draw»-Show. Unterstützt wurden sie von Coaches aus der Branche und arbeiteten dabei eng mit der SRG SSR zusammen.

Mein Part im Projekt

Ich wurde von meinem Mitstudenten Elia Fiorentino gefragt, ob ich sein Team als Mobile Livekamera-Operatorin unterstützen möchte – und sagte sofort zu. Zwei Wochen vor dem Event hatten wir einen Probetag an der HKB, bei dem wir unsere Kameras kennenlernten und erste Abläufe einübten. Es war mein erster praktischer Kontakt mit professioneller Liveproduktion: Kamera-Setup, Funkverbindung, Kommunikation mit der Regie – alles musste sitzen.

Zwei intensive Produktionstage

Der eigentliche Einsatz in Basel dauerte zwei Tage. Am ersten Tag stand der Aufbau auf dem Programm und Techniktests. Am zweiten Tag ging es früh morgens los: letzte Anpassungen, mehrere Proben – und dann der grosse Moment: Die Liveübertragung auf dem offiziellen Eurovision-YouTube-Kanal, der von Hunderttausenden Zuschauenden weltweit verfolgt wurde. Ich bewegte mich mit der Kamera direkt zwischen den Delegationen, Moderator:innen und Medienvertreter:innen.

Mit meiner mobilen Kamera stand ich direkt am Ende des Turquoise Carpet und begleitete die Delegationen noch bis zu den Oldtimer-Trams und -Büssen, welche die Delegationen dann direkt zum Eurovision Village brachten für die Interviews. Es war ein unglaubliches Erlebnis. Ein persönliches Highlight waren auch die Interaktionen mit den Delegationen.

Was ich gelernt habe

Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig Teamarbeit, technische Sicherheit und schnelle Kommunikation in Liveproduktionen sind. Ich habe enorm viel über professionelle Kameraführung, Regieabläufe und Arbeitsorganisation gelernt.

Gleichzeitig habe ich auch gelernt, dass nicht immer alles nach Plan läuft: Beim Aufbau kann es plötzlich länger dauern, weil Material defekt ist – und dann ist Improvisation gefragt. In unserem Fall mussten wir sogar ein Kabel für die Livekamera kurzfristig selbst zusammenbauen. Solche Momente zeigen, wie wichtig es ist, kreativ und lösungsorientiert zu handeln, gerade unter Zeitdruck.

Am meisten beeindruckt hat mich der Zusammenhalt im Team. Jede:r war auf die anderen angewiesen – sei es bei der technischen Abstimmung oder im direkten Kontakt mit der Regie. Eine klare, respektvolle Kommunikation war entscheidend dafür, dass die Liveübertragung reibungslos funktionierte. Ich habe erlebt, was es heisst, als Teil eines eingespielten Produktionsteams Verantwortung zu übernehmen – und dabei trotzdem gemeinsam flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.

Ein grosses Dankeschön an das tolle FHGR-Team! United by mmp ◡̈

Fazit

Ich bin dankbar für die Chance, so früh in meinem Studium bei einem internationalen Broadcast-Projekt mitwirken zu dürfen. Der Eurovision Song Contest war für mich ein echtes Highlight – und ein Vorgeschmack darauf, was in dieser Branche alles möglich ist. Solche Erfahrungen zeigen mir, wie wertvoll praxisorientiertes Lernen ist – und sie motivieren mich, weiterzugehen.

(abb)

So euphorisch und einzigartig die Atmosphäre rund um den Eurovision Song Contest auch war – es gab auch Momente, die mich nachdenklich und innerlich hin- und hergerissen zurückliessen. Die Eröffnungszeremonie fand zeitgleich zu mehreren angemeldeten Protesten für Palästina statt, und auch vor Ort waren die Spannungen spürbar: Während des Einmarschs der israelischen Delegation kam es zu Boo-Rufen und es wurden plakative, teils hasserfüllte Botschaften gezeigt.

Für uns alle war das eine enorme Herausforderung: Wie mit sichtbarem oder angedeutetem Protest umgehen? Welche Bilder dürfen gezeigt werden – und welche nicht? Besonders die Frage, ob und wie Palästina-Flaggen im Stream auftauchen dürfen, führte zu spürbarer Anspannung. Seitens der SRG bekam die Regie Druck und wurde darauf hingewiesen, dass keine Palästina-Flaggen oder Plakate gezeigt werden dürfen. Dennoch entschieden wir uns Bilder zu zeigen in denen die Flaggen sichtbar waren.

Der ESC sollte ein unpolitischer Event sein, doch in solchen Momenten wurde klar, wie nahe Realität und politischer Ausdruck trotz aller Neutralitätsvorgaben an dieses Format heranrücken. Einerseits war ich begeistert, Teil dieses bunten, internationalen Projekts zu sein, andererseits war es sehr eindrücklich, diese Spannungsfelder live mitzuerleben. Ein Event, der für Einheit und Vielfalt steht und zugleich nicht frei ist von den Konflikten der Welt. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, auch in der Medienproduktion eine kritische und reflektierte Haltung zu bewahren.