Kunst mitten im Leben
Jeden Tag gehen wir zur Tür hinaus, die Strasse entlang, irgendwo hin. Menschen kommen uns entgegen, Häuser bleiben stehen. Die Welt um uns verändert sich. Mitten darin, grosse Gemälde.
Jeden Tag gehen wir zur Tür hinaus, den Blick gerichtet, aber nicht auf das Bunte dazwischen. Wir leben mittendrin, schauen zwar nur selten/aber nicht hin.
Jeden Tag sehen wir ein Meisterstück, denken aber nicht, was für ein Glück.
Worum geht es hier genau? Wenn ichs les, werd ich vielleicht noch schlau.
Kunst das wär zu allgemein, das liest ja auch kein Schweizer
Hier geht’s ums Leben, Freiheit und Kultur
Street Art, lässt uns nicht zur Ruh.
Myriam Häubi
Wir sind in Chur, zwischen den Bergen, mitten im Leben. Bekannt ist die Stadt als Durchreise-Ort, um in die Skigebiete zu gelangen, Wanderungen zu machen oder in schönster Landschaft zu wellnessen. Aber mitten in dieser Stadt, ist überall Kunst. Nein, wir brauchen keinen teuren Eintritt zu bezahlen. Diese Kunst ist mitten auf den Strassen. Also eigentlich an den Wänden, neben den Strassen.
Street Art ist aber nicht nur Kunst auf Häusern und Wänden. Street Art regt zum Nachdenken an, kritisiert Politik und Gesellschaft und umfasst mittlerweile eine ganz eigene Kultur.
In Chur wird diese Kultur gerne gesehen und gefördert. Unter Urs Marti als Stadtpräsident konnten bereits zweimal Street Art Festivals stattfinden, dieses Jahr können wir uns zum dritten Mal verzaubern lassen. Auch unabhängig von diesen Festivals entstanden in und um Chur viele Murals, die die Stadt verzieren. Diese Stadt ist anders, diese Stadt ist bunt.
Also was ist jetzt Street Art genau?
Street Art beschreibt meist nicht kommerzielle Kunst im öffentlichen Raum, die möglichst dauerhaft dortbleiben sollte. „Unter Streetart versteht man selbst autorisiert angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum, die mit einem weiteren Personenkreis kommunizieren wollen.» (Johanna Wohlfahrt, 2024). Anders gesagt beschreibt Street Art Bilder, die in Städten an Wände o.ä. gemalt, gesprayed oder gepinselt werden. Diese entstandenen Werke übermitteln Gedanken und Botschaften, die nicht ausgeschrieben werden und einen weiten Interpretationsspielraum lassen. Die Gemälde sollen dabei möglichst lange bestehen, können aber jederzeit übermalt werden. Das Ziel ist natürlich für immer zu existieren, es kann aber vorkommen, dass ein Bild nur einen Tag bestehen bleibt. Gerade, wenn es illegal angebracht wurde.
Der Begriff Street Art beschreibt seit 2005 verschiedene Techniken, Materialien, Gegenstände und Formen der Kunst im öffentlichen Raum. Street Art Künstler verwenden unterschiedliche Materialien, um ihre Kunst zu erschaffen. Dazu gehören Marker, Pinsel und Malerrollen, Sprühdosen, Aufkleber, Poster, aber auch Schablonen, Collagen, Skulpturen oder Interventionen können genutzt werden. Oftmals werden Wände bemalt und beklebt, aber auch Stromkästen, Laternen, Verkehrsschilder, Mülleimer, Ampeln, sowie Bürgersteige und Strassen an sich werden als Leinwand benutzt. Manchmal sogar Bäume, also so ziemlich alles Erdenkliche. Die einzige Einschränkung bei Streetart ist, dass normalerweise nur bereits vorhandene Flächen benutzt werden.
Da sich die Techniken der Streetart mit denen des Graffiti oftmals überschneiden, ist es heutzutage schwierig, zwischen den beiden Begriffen zu unterscheiden.
Streetart wendet sich inhaltlich oft gegen Konsumismus, Kapitalismus und öffentliche Ordnung. Schlussendlich kann mit Street Art aber jede erdenkliche Botschaft übermittelt werden. Die meisten Künstler verzichten jedoch auf eine konkrete Botschaft und überlassen dies dem Betrachtenden.
So steht z.B. das Gemälde Home Ground, vor allem bekannt als «Dr Iisbär» von Nevercrew für das Teilen der natürlichen Ressourcen und des Bodens zwischen der Menschheit und anderen natürlichen Wesen, das Gleichgewicht des Zusammenlebens und um die Bedeutung von Grenzen und Eigentum. Wer diese Informationen nicht hat und sich das Bild anschaut, kann sich dennoch frei seine Gedanken dazu machen, wofür das Gemälde stehen könnte.
Wann entstand denn Street Art?
Ganz genau beantworten kann ich das nicht, denn sie entstand überall auf der Welt ungefähr gleichzeitig. Alles deutet aber auf die Zeit von 1960 bis 1980 hin. Wo sich die meisten einig sind, ist, dass Graffiti über New York in die ganze Welt gelang. Denn New York brachte Graffiti mit Hip Hop zusammen. Filme und Bücher über diese Szene brachten das Graffiti dann in die Welt.
Über die Medien gelang Graffiti und Street Art nach Berlin und wurde dort in den 1970er-Jahren zum Ausdrucksmittel der Punk-und Hip Hop-Kultur. Seit den 2000er gilt Street Art als weltweite Bewegung.
In Chur wird Street Art mit einem Gesamtkonzept unterstützt. So wurden 2014 viele Wände freigegeben worden, um bemalt zu werden.
Bane ist der wohl bekannteste Schweizer Street Art Künstler. Unter ihm entstand das erst Street Art Festival in Chur. Seine Werke sind weltweit verteilt und auch Chur kann sich mit einigen seiner Werke zieren. Mit der Bemalung des Mühleturms 2018 in Chur wurde das schweizweit grösste Wahrzeichen erschaffen und das breite Publikum erreicht. Dieses Gemälde fällt jedem auf, der nach Chur fährt. Street Art erhielt so in Chur eine grosse Bühne. Bane ermöglichte zusammen mit der Stadt das erste Street Art Festival.
Und warum ist das für uns wichtig?
Street Art ist so gut wie überall. In Städten kommt man kaum noch fünf Meter weit, ohne irgendwo ein Gemälde oder auch nur ein TAG zu sehen. Solange irgendwo eine besprühbare Fläche ist, kann diese bereits morgen besprayed sein. Gerade in Graubünden wird diese Art von Kunst gefördert und aktiv in die Stadt geholt.
Wir leben in einer Zeit in der sich alles, jeden Tag verändert. Wir sollen Up-to-Date bleiben, Freunde treffen, Arbeiten, sollen aber auch für die Zukunft vorausdenken und trauern dabei meistens der Vergangenheit nach. Ist nicht genau das Street Art?
Die Bilder, die uns beim Vorbeigehen Botschaften zeigen und am nächsten Tag vielleicht bereits weg sind. Street Art kann uns unser Leben spiegeln. Wenn wir uns also bereits alles, was wir kaufen können, in unsere grauen Häuser irgendwo in einer grauen Umgebung holen, warum dann nicht auch etwas Farbe? Warum dann nicht etwas, das uns zum Nachdenken anregt, uns zum Staunen bringt oder einfach nur schön ist, anzusehen?
Auch sollten wir nicht vergessen, dass die Gemälde, die dabei entstehen, uns eine andere Lebensart näherbringen können. Ausserdem können sich Künstler ausleben und dabei etwas Unglaubliches erschaffen. Sie bringen Freude und Farbe in unser Leben.
Ist es denn nun gut oder schlecht?
Was genau es ist, entscheidet zuletzt alleine die betrachtende Person. Klar ist, dass Street Art eine Form der Kunst ist, die als urban und modern gilt.
Die Stadt Chur ist in der Schweiz Vorreiterin darin, Street Art in die Stadt einzubinden. Dieses Jahr findet das dritte Street Art Festival statt. Wie in den Vorjahren entstehen auch dieses Jahr viele neue Murals in und um Chur herum. Internationale Sprayer kommen zu uns und bemalen live verschiedene Wände. Es gibt live Auftritte von Breakdancern, Sprayern und Rapper. Überall in der Stadt Chur kann man zuschauen, wie Bilder entstehen, man kann sich selbst darin versuchen, mit einer Spraydose etwas zu kreieren oder man schaut im Stadtpark dem Rapcypher, dem Breakdance-Battle oder dem Bombers-Battle zu. Es ist die perfekte Gelegenheit zu erleben, was Street Art alles sein kann.
Street Art hat noch immer bei vielen Menschen einen negativen Klang. Obwohl wir ständig mit Gemälden konfrontiert werden, nehmen wir sie gar nicht recht wahr. Auffallend sind nur die schiefen TAGs an Bahnhöfen etc. Verständlich, dass diese weniger ausgefallenen Schriftzüge negative Worte mit sich ziehen können. Wenn wir aber darüber hinausschauen und die wahre Kunst betrachten, die sich tatsächlich mitten in der Stadt befindet, können sich uns ganz neue Welten eröffnen.
Wie kam ich auf Street Art?
Obwohl ich nicht im Major Live Communitation bin, durfte ich zusammen mit einem Team aus dieser Vertiefung bei der Organisation und Durchführung des SAF mithelfen. Schlussendlich übernahmen wir den Sponsorenevent, bei dem sich das Organisations-Team bei den Sponsoren bedankt und den Abend mit einem kleinen Programm zusammen verbringt.
Für diesen Event entstanden in der Zeit vom März bis Ende Juni, zwei kurze Videos für den Sponsorenevent. Wir durften dafür drei Künstler interviewen, die ihr Mural in Chur malten.
Um einen möglichst guten Beitrag über die Murals zu drehen, durfte ich beim Künstler Kkade mit auf die Hebebühne, um Onur auf gleicher höhe, wärend der Arbeit filmen zu können.
Das Street Art Festival wurde von vielen Sponsoren unterstützt und so ermöglicht. Auch die Stadt unterstützte das SAF mit einem wichtigen Betrag. Das ganze Team von SAF ist allen Sponsoren sehr dankbar. Da Urs Marti am Tag des Sponsorenevents keine Zeit hatte, durften Fabian und ich seine Videobotschaft aufnehmen und das Interview mit ihm führen.
Am Sponsorenevent selber, durfte ich die Moderation übernehmen und gemeinsam mit Bane, Valerio Priuli und Victor Zindel auf der Bühne stehen.
Durch die gemeinsame Arbeit mit dem SAF-Team erhielt ich viele Einblicke in die Welt der Street Art, deren Künstler und deren Lebenseinstellungen. Am SAF selbst, war ich auch unterwegs und liess die Szene auf mich einwirken. Auch wenn das Wetter an den drei Tagen sehr verregnet war, entstanden überall in Chur wunderschöne Murals und Wandgemälde.
Durch diese Erfahrung durfte ich lernen, dass Street Art viel mehr ist, als Kunst an Häusern. Ich bin der Meinung, dass wir mit Hilfe solcher Street Art Festivals unaufdringlich das Interesse der Leute wecken können, sich mit dieser Art der Kunst zu befassen, offener zu werden und Farbe in die Stadt bringen können.
Zum Schluss ein kleines Glossar:
- Graffiti ist laut Wikipedia der Sammelbegriff für thematisch und gestalterisch unterschiedliche sichtbare Elemente, zum Beispiel Bilder, Schriftzüge oder Zeichen, die mit verschiedenen Techniken auf Oberflächen im privaten und öffentlichen Raum erstellt wurden. Graffitis werden zumeist unter Pseudonym und illegal gefertigt.
- Street-Art bezeichnet verschiedene, meist nichtkommerzielle Formen von Kunst im öffentlichen Raum, die nach der Absicht der Verursacher dauerhaft dort verbleiben sollten. Unter Street-Art versteht man selbstautorisiert angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum, die mit einem weiteren Personenkreis kommunizieren wollen. Im Gegensatz zu Graffiti überwiegt oft der Bildteil, nicht das kunstvolle Schreiben/Malen des eigenen Namens.
- Murals (übersetzt: Wandbilder) sind fast immer Auftragsarbeiten, die zur Verschönerung von Gebäuden dienen und Einrichtungen oftmals in ihrer Aussagekraft unterstützen. Ebenfalls wird es oft durch Kunstevents ermöglicht, legal auf Wänden zu malen. Damit ist diese Form der Street-Art meist legal – im Gegensatz zu den meisten anderen Formen.
- Tags sind laut der Wikipediaseite zum Graffiti-Jargon Signaturkürzel, die das Pseudonym eines Writers darstellt. Häufig als „Unterschrift“ unter gesprühten Bildern zu finden, gilt aber auch in der jugendlichen Gang-Kultur als territoriale Markierung. Vorrangiges Ziel ist es, einen guten und innovativen Style zu haben, sekundäres Ziel, in einer Stadt, einem Bezirk oder einer Gegend möglichst präsent zu sein.
- Writings ist die Bezeichnung für die Gestaltung und das Anbringen künstlerischer Graffitis mit dem Namen als Basiselement der Komposition.
Idee: Im Rahmen des Majors Live Communication sollte ein Event mit Livestream durchgeführt werden. Ich durfte als Aussenstehende dieses Majors das Projekt unterstützen. Wir durften beim Street Art Festival mitwirken. Zu Beginn sollten wir wärend dem ganzen drei tägigen Festival verschieden Programmpunkte übernehmen. Diese vielen wärend der Zeit vom März bis Juni immer kleiner aus. Zuletzt erhielten wir den Auftrag das Sponsorenevent zu übernehmen, zu planen und durchzuführen und ich durfte Moderieren. Dafür entstanden zusätzlich ein kurzer Beitrag zu den Murals und eine Videobotschaft von Stadtpräsident Urs Marti.
Für diesen Beitrag wollte ich Street Art genauer betrachten und einen Einblick geben, was Street Art ist.
Umsetzung: Der Sponsoren Event war trotz Regen ein Erfolg. Das Feedback der Arbeitgeber war erfreulich. Obwohl wir als Team oft unsicher waren, ob wir diesen Event wirklich umsetzen können war die Zusammenarbeit ziemlich gut. Ein Patzer gab es, als ein Video nicht direkt abspielte. Daraus lernen wir, wenn die Loops zu lange laufen, kann es den sauberen Ablauf behindern. Wärend der Probe funktionierte nämlich alles. In der Moderation merke ich mir fürs nächste mal, das Mikrofon näher an den Mund zu nehmen. Ansonsten war der Ton nicht optimal, das lag aber nicht in unserer Hand, sondern beim externen Tonmeister.
Reflexion: Ein anderes Team hätte die Totale Kriese gehabt. Wärend unserer Arbeit wurde uns immer wieder gesagt, dass wir doch nicht mehr mit dem SAF arbeiten werden. Wir mussten uns wärend dem Bootcamp immer wieder neue Events überlegen und planen und dann wieder vergessen, da sie aus verschiedenen Gründen doch nicht Umsetzbar waren. Nach dem dritten Brainstorming für ein Event erfuhren wir dann, dass wir doch beim SAF bleiben. Das kostete viel Kraft. Aber das Team blieb stark und behielt die Zuversicht. Mit viel Humor konnten wir alles weglachen.
Am Ende mussten wir zwei Events durchführen, was viel Energie kostete. Das Team fand aber immer einen Weg wieder zu Lachen. Vieles auch wegen unserer Projektleiterin Leonie Schaub, die ihren Job wahnsinnig gut erledigte und uns sicher ans Ziel führte.
Wir hatten viele Meetings mit den Leuten des SAF, wobei wir unsere Ideen ständig wieder verwerfen mussten, da sie doch nicht umsetzbar waren oder vom SAF direkt organisiert wurden. Da verloren wir viel Zeit und Energie. Zuletzt konnten wir uns aber auf den Sponsorenevent konzentrieren und diesen mit einigen Anpassungen umsetzen.
Im Beitrag wollte ich mich zum Thema Legal oder Illegal nicht äussern. Sowie zum Thema ab wann Graffiti Vandalismus ist. Das wäre eine zu grosse Diskussion und meines Erachtens, hat es keinen Einfluss darauf, ob etwas schön ist oder nicht. Street Art kurz und knackig zu beschreiben und zu sagen, warum diese Kunstform wichtig für uns sein kann, war nicht ganz ohne. Kunst ist nicht ohne Grund Ansichtssache. Ich denke, was Street Art ist, konnte ich gut erklären.
Die Videos die wir kreierten sind trotz vielen Einschränkungen wärend der Umsetzung doch gelungen. Der Ton ist nicht überall sauber weil es beim Dreh regnete und wir konnten nicht viele verschiedene B-Rolls drehen, da wir nicht direkt mit dem Interviewten Künstlern auf die Hebebühne durften (wären zu schwer gewesen). Da mehrere an dem Projekt beteiligt waren, gab es auch Komplikationen beim sichern der Videodateien.
Learnings: Ich habe sehr vieles über die Bewegung Street Art gelernt, was sie bedeutet und wie ein Gemälde entsteht. Im Zusammenhang mit dem Event lernte ich wie wichtig es ist, einen klaren Auftrag zu erhalten. Auch flexibel zu bleiben und sich nicht zu nerven, wenn etwas abgesagt wird. Das Mikrofon muss nahe an den Mund. Videodateien sollten wenn möglichst nicht gesendet werden, da das je nach Grösse die ganze Nacht dauert (war sehr nervend).
Vorbereitung ist sehr wichtig, gerade bevor man auf die Bühne geht. Da darf man sich viel Zeit nehmen und alles noch mal durchlesen und allenfalls Fragen stellen. Rückfragen stellen bringt einem weiter, auch wenn es schwierig ist. Ich musste da über meine Schatten springen, weil ich oft denke ich nerve, wenn ich noch mal nach frage. Aber die Erfahrung von Menschen, die sich auskennen zu erhalten, ist sehr wertvoll.