Jetzt mal im Ernst

Jetzt mal im Ernst

Sieben Parteimitglieder der Grünen Baselland stellten sich im Herbst 2023 als Kandidierende für die Nationalratswahlen zur Verfügung. Unterstützend zu anderen Wahlkampfmassnahmen wurden Interviews der Kandidierenden auf Instagram und dem parteieigenen Youtube-Kanal publiziert.

Es handelt sich dabei nicht um klassische Interviews, stattdessen wurden die Kandidierenden von der Moderatorin mit humoristischen, absurden und provokativen Fragen konfrontiert. Die Fragen kombinieren satirischen Humor mit scheinbarer Ahnungslosigkeit, um den Zuschauer:innen eine unterhaltsame und amüsante Perspektive auf politische Fakten und die Positionen der Kandidat:innen zu eröffnen. Durch den absurden Stil wurden komplexe Themen vereinfacht und gleichzeitig in kurzer Form unterhaltend dargestellt.

Es entstanden sieben Instagram-Reels und ein Youtube Video:

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Mit diesem Format verfolgten wir folgende Ziele:

Positive Aufmerksamkeit: Die humorvolle Kampagne soll dazu dienen, Wählerinteresse auch ausserhalb der Basis zu wecken und sie dazu zu bringen, sich näher mit den KandidatInnen und der Partei als solcher zu befassen.

Emotionale Bindung: Humor zeigt die Kandidierenden von ihrer menschlichen, emotionalen Seite und weckt Sympathie für die Partei.

Botschaften: politische Botschaften und Positionen werden auf eine unterhaltsame und leicht verdauliche Weise vermittelt. Komplexe politische Themen werden aufgelockert und für die breite Öffentlichkeit zugänglicher gemacht.

Reichweite: Eine humoristische Social-Media-Kampagne kann dazu beitragen, dass Botschaften schnell verbreitet werden und eine grosse Reichweite erzielen.

Engagement: Humor kann die Interaktion und das Engagement der WählerInnen auf Social-Media-Plattformen erhöhen. Durch das Teilen, Kommentieren oder Liken der Inhalte werden sie aktiv in den Wahlkampf einbezogen.

(mst)

Umsetzung

Die Clips der sitzenden Kandidierenden wurden vor einem Greenscreen aufgenommen, in der Post wurde für alle Kandidierenden eine eigene Hintergrundfarbe gewählt. Die Interviews haben wir mit zwei Kameras gedreht, die Einstellungsgrössen waren dabei amerikanisch und nah.

Während der Konzeptphase waren wir uns erst uneins darüber, ob die Interviewerin in den Clips nebst der jeweiligen Kandidat:in ebenfalls sichtbar sein soll. Auch aufgrund des Portrait-Formats eines Insta-Reels entschieden wir uns schliesslich dafür, die Interviewfragen lediglich aus dem Off ertönen zu lassen und nur die Kandidierenden zu zeigen.

Team/Rollen
Das Projekt war ziemlich umfangreich, wir entschieden uns darum, die jeweiligen Aufgaben und Rollen gut festzulegen:

Adrian Yves Stohler: Audio am Set, Musik
Anja Klose: Konzept, Technik, Editing, Grading
Christof Sulzer: Konzept, Kundenkontakt/Projektmanagement, Kamera, Editing, Untertitelung
Noemi Leuenberger: Interviewstimme, Video-Transitions

Der Kern der Videos – die Interviewfragen – wurden vom ganzen Team zusammen in mehreren Workshops erarbeitet.

Interviewfragebogen
Die Interviewfragen hat sich zu Beginn jeder und jede von uns, aufgrund der Portraits, die wir von den Grünen Baselland erhalten haben, selbst überlegt. So wollten wir sicherstellen, dass sich einerseits jede und jeder von uns mit den Kandidierenden beschäftigt und dass gleichzeitig auch viele Vorschläge für Fragen zusammenkommen. Ziel war es, humorvolle und zum Teil auch absurde Fragen zu erarbeiten. Trotzdem sollten die Fragen grösstenteils auch einen Bezug zur Politik der Grünen Baselland haben.

In mehreren Brainstorming- und Wording Runden haben wir zusammen die Fragen dann immer wieder um- und ausformuliert, den Kandidatinnen und Kandidaten neu zugeteilt oder auch Fragen aussortiert. Zudem haben wir zur Übersicht Steckbriefe mit den wichtigsten Angaben und politischen Kernthemen der Kandidatinnen und Kandidaten erstellt. Im selben Dokument konnten wir dann auch die Fragen ergänzen, damit wir für den Drehtag übersichtliche Dossiers zu jedem einzelnen Kandidaten und zu jeder einzelnen Kandidatin hatten.

Equipment
Folgendes Equipment kam zum Einsatz:

Kameras: 1x Sony A7iii, 1x Sony A7iv, Objektive 24-70mm und 24mm, Sachtler Stative
Audio: Zoom H6, 2x Sennheiser AVX Funkmics
Licht: 1x Aputure 300DII, 1x GVM LED-Panel Kit
Backdrop: 1x Greenscreen Kit, Molton

Testdreh
Um das ganze Setup einmal durchzuspielen, trafen wir uns eine Weile vor dem Drehtag mit dem ganzen Equipment an einer ähnlichen Location. So konnten wir in Ruhe die Kameras, den Greenscreen und alle Lichter einstellen, damit wir uns am Drehtag daran orientieren konnten.
Eine Schwierigkeit war die Kadrierung der Interviewees im vertikalen Format. Zudem brauchte es ein paar Anläufe, bis Kamera, Licht und Crew so positioniert waren, dass unser Subjekt gut beleuchtet ist und nicht zu sehr an der Kamera vorbei blickt. Dank des Greenscreens hatten wir zudem noch die Möglichkeit, den Bildausschnitt in Post etwas anzupassen.

Drehtag
Am Tag des Drehs fand morgens die Pressekonferenz zur Nationalrats-Kampagne der Grünen Baselland statt. Die Veranstaltung wurde an der gleichen Location abgehalten, an der wir anschliessend gedreht haben. Folglich waren wir auch bei der Pressekonferenz dabei. Dort konnten wir unsere Kandidierenden-Dossiers aufgrund der Auftritte der Kandidierenden an der Pressekonferenz mit letzten Notizen ergänzen. Gleichzeitig war es auch eine gute Möglichkeit, die Kandidierenden unbeschwert kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, noch bevor wir mit ihnen drehten.

Nach der Pressekonferenz hatten wir ein Zeitfenster von etwa 2h eingeplant, um unser Setup aufzubauen. Aufgrund der guten und grosszügigen Zeitplanung hatten wir fast nie Zeitdruck, stellten ruhig das Equipment auf und konnten sogar zusätzliche Pausen einlegen. Das, obwohl wir auf ein unerwartetes Problem gestossen sind: Der Lärm der Lüftung innerhalb der Halle war auf unseren Aufnahmen zu hören. Ein Faktor, den wir während des Scoutings übersehen hatten. Dieses Problem liess sich jedoch durch die Hilfsbereitschaft des Personals schnell beheben. Für die Zukunft merken wir uns, die Location muss je nach Shot nicht nur gut aussehen, sondern auch gut tönen.

Der Dreh war ursprünglich von 12:00 bis 18:00 Uhr angesetzt. Kurz vor dem Drehtermin stellte sich heraus, dass in der Eventlocation, wo die Aufnahmen stattfanden, bis 14:00 Uhr noch mit Küchenlärm zu rechnen war. Darum musste der Drehbeginn verschoben und mit den Interviewees kurzfristig neue Slots ausgemacht werden.

Postproduktion

Schnitt
Die Postproduktion dauerte insgesamt deutlich länger als gedacht. Als wir mit dem ersten Rohschnitt begannen, haben wir festgestellt, dass es schwierig ist, die Interviews auf bloss eineinhalb Minuten zu kürzen. Wir mussten uns also sehr genau überlegen, welche Antworten für unsere Zielgruppe relevant sind und andere gute Antworten gnadenlos wegkürzen. Ausserdem war es zu Beginn wichtig festzulegen, ob wir zuerst mit dem Rohschnitt für Instagram oder Youtube beginnen wollten, da die Kundin beides beauftragt hatte. Wir entschieden uns dazu, mit den Reels anzufangen, da diese auch beim Auftraggeber Priorität hatten und die Youtube-Version bloss ein Best-Of aus allen Reels sein sollte. Nachdem wir den Rohschnitt für die Instagram-Videos fertiggestellt hatten, schickten wir sie zur Abnahme unserer Auftraggeberin. Für eine politische Partei ist der Auftritt in sozialen Netzwerken von grosser Bedeutung, weshalb sie uns die Aussagen der Politiker zuerst freigeben mussten, bevor wir mit dem Feinschnitt beginnen konnten.

Als sie mit unserem Vorschlag zufrieden waren, konnten wir mit dem Schnitt weiterfahren. Wir kürzten alle unnötigen Längen und Redepausen der Videos weg, um für Instagram möglichst kompakte Videos zu erstellen. Darauf folgten das Color Grading und das Keying des Greenscreens, bei welchem wir dann jedem Protagonisten eine eigene Hintergrundfarbe zugeordnet haben. Da viele Instagram User Videos nur auf stumm schauen, haben wir zusätzlich für alle Protagonisten Untertitel erstellt. In einem letzten Schritt erstellten wir dann aus den hochformatigen Instagramvideos ein querformatiges Youtubevideo.

Transitions
Bei den Transitions sollten die Farben der Grünen Baselland genutzt werden. Ausserdem haben wir uns von anderen Videos inspirieren lassen und diese Transitions mithilfe von After Effects und entsprechenden Tutorials nachgebaut.

Text
Für die Grafiken und Texte konnten wir auf das CI der Grünen Schweiz zurückgreifen, ebenso auf die Animation im Abspann der Clips. Die Herausforderung bestand daher hauptsächlich darin, diese teils animierten grafischen Komponenten im Insta Reelformat so zu platzieren, dass sie zu keiner Zeit vom User Interface des Insta-Clients verdeckt werden.

Musik
Da sich das Sounddesign relativ in Grenzen hielt, konnten wir umso mehr Zeit in die musikalische Seite des Projekts investieren und entschieden uns dafür, einen kleinen Song für die Serie zu kreieren. Eine Herausforderung war es, den richtigen Style zu finden. Die Musik ist essentiell, um den ironischen Ton des Interviews rüberzubringen und muss daher aufgeweckt und frech sein, darf aber zugleich nicht ablenken oder das Gesagte ins Lächerliche ziehen – eine gewisse Ernsthaftigkeit war also trotzdem nötig. Wir entschieden uns schliesslich für einen Bossa Nova, ein Genre, welches die Gratwanderung zwischen edel und peppig gut meistert. Inspiriert vom Wii Shop Theme hatten wir die Idee, mit vielen Pausen und Staccato Motiven zu arbeiten. Schnell bemerkten wir, dass uns ein herkömmlicher, fester Songablauf viel Flexibilität im Storytelling wegnimmt. Daher versuchten wir, statt einer strikten Songstruktur eigenständige Parts zu schreiben, sodass der Ablauf flexibel ist und für jedes Video neu zusammengestellt werden kann. Der Song fängt also “immer wieder neu an”, was uns für den Schnitt viele Türen öffnet.

Nachvertonung Interviewfragen
Die Interviewfragen hatten wir am Set bereits mit einem Lavalier Mikrofon aufgenommen. Um jedoch eine einwandfreie Tonqualität und Aussprache der Fragen zu garantieren, haben wir die Fragen im Nachhinein in einem professionellen Tonstudio nochmals aufgenommen. Dies ermöglichte uns zudem, Fragen allenfalls abzuändern, sodass sie besser zu den Antworten passten.