How to Konzertfotografie

In diesem Beitrag zeige ich euch mit eigenen Beispielen, welche in diesem Jahr entstanden sind, wie man am besten vorgeht beim Fotografieren von Konzerten.

Findet Konzerte
Hört sich logisch an, aber kann noch schwerer sein als gedacht. Wenn man, wie ich anfangs, noch nie ein Konzert fotografiert hat, besitzt man noch kein Portfolio in dem Bereich, was man als Referenz zeigen kann. Trotzdem ist es wichtig, Bilder mitzuschicken oder auf die eigene Website oder Instagram zu verweisen. Dadurch kann sich die Band eine Vorstellung von eurer Arbeit machen und wenn ihr allgemein gute Bilder macht, werden eure Konzertfotos bestimmt auch gut.
Wie geht man nun vor, wenn man Bilder hat zum Vorweisen? Am einfachsten ist es, wenn ihr euch erst auf eure Region fokussiert und verschiedene Venues durchschaut, ob dort in nächster Zeit irgendwelche Konzerte auf dem Programm stehen. Für das erste Shooting empfiehlt es sich, ein Konzert zu besuchen mit einem Musikstil, der euch gefällt. Dadurch macht das Fotografieren automatisch mehr Spass. Zusätzlich sollte die Band noch nicht zu gross sein, weil ihr dann bessere Chancen habt, sie fotografieren zu dürfen. Sie freuen sich immer über gute Fotos!

Kontaktiert die Band
Wenn ihr mehrere Bands gefunden habt, könnt ihr sie auf Instagram anschreiben. Es werden nicht alle zusagen, aber dranbleiben. Ich schrieb 5 Bands, bis eine zusagte. Bleibt locker und nett und schleimt euch nicht zu sehr ein. Stellt euch vor und schreibt, wieso ihr Fotos machen wollt. Beim ersten Shooting würde ich die Fotos gratis anbieten, da ihr euer Portfolio erweitern könnt und sie euch Reichweite geben können, wenn sie die Bilder posten. Eine Beispielnachricht kann so aussehen:
«Hallo zusammen! Ich bin Sina Schröder und junge Fotografin aus St. Gallen. Ich habe gesehen, dass ihr am kommenden Wochenende im Flon auftretet und wollte fragen, ob ich diesen Abend fotografisch begleiten darf. Ich möchte gerne mehr Erfahrungen in der Konzertfotografie sammeln und mein Portfolio erweitern. Da ich eure Musik richtig cool finde, dachte ich mir, euch mal zu fragen.😊 Die Fotos bekommt ihr selbstverständlich kostenlos und könnt sie nutzen, wofür ihr wollt. Wie klingt das für euch?
Liebe Grüsse,
Sina»

Wenn ihr den Text habt und die Band zusagt, könnt ihr die Details besprechen. Wann wollt oder sollt ihr kommen, wo trefft ihr euch, wo dürft ihr überall fotografieren (nur vor und neben der Bühne oder dürft ihr auch drauf), dürft ihr die Vorbereitung fotografieren oder lieber nicht etc. Traut euch zu fragen, mehr als nein können sie nicht sagen.😊 Zusätzlich könnt ihr vereinbaren, auf die Gästeliste zu kommen, damit ihr kostenlos rein könnt und euer Equipment an einem sicheren Ort verstauen könnt. In 90% der Fälle sagen die Bands ja. Das ist ihre Art Bezahlung an euch. Wenn ihr alles Organisatorische geklärt habt, folgt der nächste Schritt.

Vorbereitung auf das Shooting
Dieser Teil ist vor allem beim ersten Shooting wichtig. Schaut euch Tutorials an und Tipps, wie man fotografiert (wie z.B dieser Beitrag). Schaut euch Bilder zur Location an, damit ihr die Raumsituation kennt und euch bereits Gedanken machen könnt, wie viel Platz ihr habt, wo die Bühne steht und wie die Lichtsituation sein kann. Wenn ihr die Möglichkeit habt, die Location im Vorhinein zu besuchen, tut das unbedingt. So wart ihr direkt vor Ort und wisst genau, wie es dort aussieht.
Wenn ihr euer Equipment packt, stellt sicher, dass ihr genug leere Speicherkarten dabeihabt, da ihr einige Fotos machen werden. Ein zweiter Akku ist essenziell, die Abende können ziemlich dauern. Stellt sicher, dass eure Akkus vollgeladen sind. Packt lichtstarke Objektive ein und nehmt eine Variation aus Weitwinkel und Tele mit, dadurch könnt ihr verschiedene Arten von Bildern erzielen. Schlussendlich aber sollt ihr die Objektive mitnehmen, mit denen ihr am liebsten fotografiert und eurem Stil entspricht.

Das Konzert
Endlich ist es so weit, ihr seid am Konzert! Nachdem ihr euer Equipment verstaut und euch der Band vorgestellt habt, könnt ihr noch kurz wiederholen, was ihr genau fotografiert und die Regeln. Dadurch sind du und die Band auf demselben Nenner. Nun geht es ans Fotografieren.

Zu den Einstellungen:
Geht nie unter eine Verschlusszeit von 1/200. Die Musiker bewegen sich ziemlich viel und ihr wollt scharfe Fotos. Fotografiert offenblendig. Zwischen F1.8 und F3.2 erreicht ihr eine schöne Tiefenschärfe und ihr könnt mehr Licht einlassen. Entspricht das nicht eurem Stil könnt ihr auch mit geschlossener Blende fotografieren. Denkt einfach daran, dass der ISO dementsprechend hoch wird. Zwischen ISO 1600 und 12000 kann alles vorkommen. In einem Shooting musste ich den ISO ständig auf 10000 haben, da das Licht sehr schlecht war. Einen Blitz sollte man nicht verwenden, das stört das Konzert, die Lichtshow und irritiert die Musiker. Stellt sicher, dass ihr den Serienbild-Modus drinnen habt.

Zu den Fotos:
Wenn die Einstellungen sitzen, beginnt das Fotografieren. Probiert diverse Winkel aus, steht direkt vor der Band, mal an der Ecke der Bühne, mal hinter den Musikern. Fotografiert von ganz hinten des Raumes, um die Crowd auf dem Bild zu haben, fotografiert auch mal nur die Crowd. Nutzt das Teleobjektiv, um Detailaufnahmen zu machen oder Portraits der Musiker. Fotografiert von unten, das gibt grossartige Bilder. Der Fokus muss nicht immer auf dem Musiker sein, sondern kann auch auf dem Instrument bleiben, das erzeugt eine gewisse Spannung. Gegenlicht ist auch ein grosser Freund von euch. Die Bilder werden automatisch interessant. Lauft ständig herum, bleibt in Bewegung und steht nicht zu lange an einem Ort. So habt ihr vielfältige Bilder. Fotografiert Action und haltet Emotionen fest, sei es Konzentration, ein Lachen oder sogar Tränen bei einem emotionalen Song. Lasst euch nicht irritieren, wenn euer Autofokus nicht immer trifft. Vor allem bei schwachem Licht oder Nebel hat er Mühe, richtig zu fokussieren. Deswegen ist der Serienbild-Modus wichtig und die automatische Verfolgung, damit der Fokus während dem Fotografieren sitzt. In 80% der Fälle sitzt er, aber es gibt immer Situationen, in denen er nicht will.
Fotografiert alle Bandmitglieder und nicht nur die Sänger, alle Bandmitglieder sind wichtig. Am Anfang oder am Ende des Konzerts könnt ihr noch ein paar Fotos der Location machen, um die Atmosphäre einzufangen. Achtet darauf, eine weite Variation der Bilder zu haben und ihr seid gut dabei.

Nach dem Shooting
Die Bilder sind im Kasten, ihr seid zufrieden, habt euch von der Band angemessen verabschiedet und geklärt, wie sie die Bilder bekommen. Nun folgt die Bildauswahl. Sucht diese raus, die euch am besten gefallen und achtet darauf, alle Bandmitglieder vertreten zu haben, verschiedene Perspektiven und Blickwinkel, sowie ein paar Fotos der Crowd und der Location. Startet mit einer Grobauswahl und wählt aus dieser Auswahl nochmals die besten aus. Erschreckt euch nicht vor einer grösseren Bilderauswahl. Auch wenn ihr nicht so viele habt, ist das kein Problem – die Qualität zählt, nicht nur die Quantität.

Zur Bearbeitung:
Wenn ihr eure definitive Auswahl habt, folgt die Bildbearbeitung. Startet mit allgemeiner Bildverbesserung wie heller, dunkler machen, Tiefen hervorholen, Details hervorheben, mehr Klarheit schaffen und vor allem dehazen. Die Musiker sollen im Fokus stehen und nicht in Dunkelheit oder Licht versinken. Bei Bedarf schneidet ihr die Bilder zu. Wenn ihr die allgemeinen Verbesserungen gemacht habt, könnt ihr mehr ins Detail gehen. Bei einer grossen Bildermenge sollte man aber nicht zu viel machen, ausser ihr wollt und habt die nötige Zeit dafür. Arbeitet mit Masken und maskiert die Musiker. Hebt sie mehr hervor mit mehr Helligkeit und erhöhter Klarheit, aber so, dass es immer noch realistisch aussieht. Bei merkwürdigen Farben könnt ihr beim Farbmischer die Sättigungen reduzieren oder einen anderen Farbton verleihen. Colorgrading kann einiges aus den Bildern holen. Ich persönlich arbeite am liebsten mit warmen Tönen in den Mitteltönen und Lichtern und kalten in den Schatten, das gibt einen schönen Kontrast. Aber auch wieder hier ist es euch überlassen, folgt eurem Stil.😊 Wichtig sind die Musiker, dass sie zur Geltung kommen. Nehmt euch genug Zeit, die Bearbeitung beansprucht sehr viel Zeit, auch wenn man in Photoshop keine Retouche ausübt, das darf man nicht unterschätzen. Die Bearbeitung geht viel länger als das Fotografieren an sich.
Wenn ihr mit der Bearbeitung fertig seid, schickt ihr die Bilder der Band – die Freude ist meist riesig😊

Hier seht ihr noch Auszüge zu den Konzerten, welche ich diesen Dezember fotografiert habe

Kids in Cages, Flon St. Gallen

Hunted Like Thieves, Hafenkneipe Zürich

Sin Imperio, Hafenkneipe Zürich

Cancel, Hafenkneipe Zürich

(eli)

Die Konzerte zu fotografieren, hat richtig viel Spass gemacht. Das Konzert von Kids in Cages war mein erstes Konzert und ich war dementsprechend nervös. Die ersten Bilder waren solala, aber nach ein paar Minuten war ich im Flow und es lief einfach. Trotzdem habe ich vergessen, die Crowd zu fotografieren, was mich im Nachhinein sehr nervte. Die Band störte das glücklicherweise nicht und sie waren mehr als zufrieden mit den Bildern. Bei dem Konzert legte ich den Fokus vor allem auf die beiden Frontmänner, vom Bassisten machte ich auch Fotos, aber bei weitem nicht so viele wie von den anderen beiden. Ausserdem geriet der Schlagzeuger fast in Vergessenheit, weil er nicht wirklich in den Lichtern war und ich nicht mehr an ihn gedacht hatte. Auch das störte mich sehr, nahm ich aber als wichtiges Learning mit für zukünftige Konzerte, wirklich ALLE Bandmitglieder regelmässig zu fotografieren und die Crowd miteinzubeziehen. Ansonsten bin ich sehr happy mit den Bildern des Konzerts und sie geben mir eine super Grundlage für mein Portfolio.

Beim zweiten Konzert in der Hafenkneipe lief es leider nicht so gut, wie erhofft. Das Licht war sehr schlecht und ich musste den ISO auf 10000 stellen, damit man sie gut erkennen konnte. Dementsprechend waren die Bilder sehr verrauscht und bei der Rauschreduzierung gingen einige Details verloren. Das störte mich extrem, aber ändern konnte ich es nicht und ich versuchte, das Beste herauszuholen. Nun machte ich bei allen drei Bands genug Bilder der Band. Pro Band hatte ich ca. 1000 Bilder im Kasten, weil mein Autofokus nicht kooperiert hat und ich dementsprechend einige Bilder machen musste, um Scharfe dabei zu haben. Die Location war sehr eng und füllte sich rasant. Ich hatte grosse Schwierigkeiten, alle Perspektiven abzudecken, da ich mich nur mit Müh und Not durch die Menge quetschen konnte. Nach hinten kam ich gar nicht, es war viel zu eng, weshalb ich keine guten Crowdfotos machen konnte. Trotz der grossen Schwierigkeiten bin ich zufrieden mit den Bildern. Es war ein sehr langer Abend und ich war für sechs Stunden durchgehend am Fotografieren. Die Bildauswahl und Bearbeitung ging extrem lang. Um die 3000 Bilder durchzugehen und zig Auswahlen der Auswahl zu machen war alles andere als effizient. Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, weniger Bilder zu machen oder zwischen den Auftritten bereits Bilder zu löschen, die unbrauchbar sind. Beim Bearbeiten war ich kurz davor, meinen Laptop aus dem Fenster zu schmeissen wegen dem extremen Rauschen, aber ich habe mein Bestes gegeben. Trotz leichter Bearbeitung sass ich stundenlang dran, sie zu Bearbeiten. Trotz meiner Schwierigkeiten haben sich die drei Bands richtig über die Bilder gefreut, das hat alles wieder wett gemacht😊