Filmstills nachstellen

Schöne und stimmige Bilder zu machen ist einfacher gesagt als getan – von wem könnte man das also lernen? Vielleicht in dem man einfach Bilder nachstellt, die man selber mag?

Als bildbegeisterter Mensch bin ich immer wieder fasziniert von dem visuellen Augenschmaus, der über die Leinwand flimmert. Ich möchte meine eigene Art, Szenen abzulichten, weiter verfeinern und neue technische Kniffe erlernen. Dafür kann man Schulen und Workshops besuchen – oder es einfach selbst in die Hand nehmen. Nach diesem Ansatz habe ich mir einige Filmstills – also Standbilder aus Filmen – ausgesucht und mir vorgenommen, diese nachzubauen oder es zumindest zu versuchen.

Vorgehen
Nachdem ich das Framing erarbeitet hatte, überlegte ich mir die passende Lichtstimmung und leuchtete die Szene entsprechend aus. Dabei achtete ich auf den Verlauf von Schatten und auf die Wirkung der Lichtquellen im Bild. Während des Aufbaus passte ich einzelne Details immer wieder an, bis das Gesamtbild stimmig wirkte.

Zodiac – Bürosetting
Der packende Crime-Thriller von Meisterregisseur David Fincher bietet zahlreiche eindrückliche Momente, viele davon in Büros. So auch jene Szene, in der Philip Baker Hall als Sherwood Morrill spätabends an seinem Schreibtisch Akten durchsieht.

There will be blood – Wohnzimmer-Setting
Der packende Western überzeugt nicht nur mit seiner Geschichte, sondern auch mit starken Bildern. Natürliche Lichtstimmungen begleiten die raue Handlung im frühen 20. Jahrhundert. So auch in dieser Sequenz, in der die Kamera aus einer sehr bodennahen Perspektive in einem von Sonnenlicht durchfluteten Haus steht.

Grand Budapest Hotel – Schlafzimmer-Setting
Symmetrische Kompositionen und knallige Farben – das sind die typischen Merkmale eines Wes-Anderson-Films. Entsprechend überrascht es nicht, dass auch die Szenen im Schlafzimmer von Grand Budapest Hotel wie ein Kammerspiel wirken. Die präzise Anordnung jedes Details verstärkt den charakteristischen, fast bühnenhaften Eindruck.

Lord of the Rings – Dutch Angle
Anders als bei den anderen Stills hat mich hier nicht das räumliche Setting inspiriert, sondern die ungewöhnliche Komposition des Bildes – es ist nämlich schief. Was in der Filmsprache als Dutch Angle bekannt ist, bedeutet im Grunde, dass die Kamera nicht exakt horizontal ausgerichtet, sondern leicht zur Seite gekippt ist. Grossartig eingesetzt wird dieses Stilmittel im ersten Teil der Herr der Ringe-Trilogie, um die verführerische Macht des Ringes visuell zu unterstreichen.

Amelie – Split lighting
Und zu guter Letzt hat mich diese sehr kontrastreiche Beleuchtung gereizt. Das sogenannte Split Lighting teilt das Gesicht förmlich in eine hell beleuchtete und eine im Schatten liegende Hälfte. Dieses Stilmittel ist ein beliebtes Werkzeug im Storytelling, um die zwei Seiten eines Charakters visuell zu verdeutlichen.

Fazit
Bilder nachzustellen ist wirklich leichter gesagt als getan! Dass die Stills so natürlich wirken und den Eindruck erwecken, man könne sie einfach reproduzieren, spricht für ihre Qualität. Oft habe ich jedoch mit meinem begrenzten Setup gemerkt, dass mir für bestimmte Stills das passende Equipment fehlte. Zudem waren meine Sets bei Weitem nicht so sorgfältig eingerichtet oder so stimmig ausgewählt wie in den Filmen. Ein schöner Reminder, dass Filmemachen Teamsport ist und weit mehr erfordert als nur eine Kamera und ein paar Lichter. Nichtsdestotrotz hat mir die Analyse der Stills spannende neue Überlegungen eröffnet, die ich sicher für künftige Filmprojekte nutzen kann.

(abb)

Workflow
Für mich war es ein spannender Workflow, da ich mich noch nie so intensiv mit der Beobachtung von Bildern auseinandergesetzt habe. Dieses Digezz war ein ideales Gefäss, um diese Technik auszuprobieren. Beim Analysieren achtete ich vor allem darauf, wo das Licht im Bild auftritt und welche Qualitäten es aufweist. Dabei fällt einem schnell auf, dass Licht in Filmen meist sehr natürlich wirkt und man es kaum hinterfragt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man jedoch, wo vermutlich die Lampen platziert wurden, um eine bestimmte Lichtstimmung zu erzeugen.

Equipment
Es war zwar noch nie so einfach, Filme zu machen wie heute, doch ganz ohne Equipment geht es nicht. Mit meinen zwei Lampen mit Softbox lassen sich zwar schöne Ergebnisse erzielen, für die Nachstellung der Stills stiess ich damit jedoch an die Grenzen des Machbaren. Immer wieder wünschte ich mir zusätzliche Lichtformer wie Flags, Spotlights oder grössere Diffusion Frames.

Lessons Learned
Für ein eindrückliches Bild braucht es weit mehr als nur eine Kamera und ein paar Lampen. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Szenenbild, Kostüm, Maske, Licht und Kamera. Besonders das Szenenbild habe ich als äusserst einflussreich empfunden, da es Textur und Atmosphäre wesentlich prägt – weisse Wände sind schliesslich nicht besonders spannend.