Color Change – digitale Kunst an der «Museumsnacht Bern 22»

In unserer Gesellschaft werden Menschen mit unterschiedlichen Hauttönen verschieden behandelt. Aus meiner Sicht ist es enorm wichtig, «Rassismus» als alltägliches, generelles, gesellschaftliches und ja auch schweizerisches Problem anzuerkennen.

Ich bin der Auffassung, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft rassistisch sozialisiert wurden und ja, ich bin dabei keine Ausnahme. Demnach ist «Rassismus» für mich auch ein persönliches Problem. Also Keines, welches sich einfach den Rechten zuschreiben lässt. Daher scheint es mir wichtig, sich Zeit zu nehmen, um über die eigenen rassistischen Denkmuster zu reflektieren, mit denen wir sozialisiert wurden. Ich denke dieses Bewusstsein ist notwendig, um gemeinsam gegen Rassismus aktiv zu werden.

Bereits vor dem Studium entdeckte ich das Kreieren als Ventil zur Verarbeitung von Themen mit gesellschaftlicher oder persönlicher Relevanz. Der kreative Prozess ermöglicht es mir, Gedanken in Formen auszudrücken, um mit meiner Umgebung in den Dialog zu treten. Mittlerweile sind solche Projekte zu einem wichtigen Bestandteil in meinem Alltag geworden.
Die 3D-Animation «Color Change» befasst sich mit dem Thema «Rassismus».  In der multimedialen Kreation wechseln mit jeder Wiederholung die Farbtöne, der Inhalt dagegen bleibt unverändert. Mit der Botschaft «colors don’t change people» kritisiert «Color Change» die Diskriminierung von People of Color.

Ich konnte «Color Change» als Videoinstallation einen Monat lang in der Heiliggeistkirche direkt beim Bahnhof Bern ausstellen. Während der Dauer der Ausstellung wurde «Color Change» Teil der «Museumsnacht Bern 22», des «Festival der Kulturen 2022» und der «Berner Aktionswoche gegen Rassismus». An diesen Events war die Ausstellung sehr gut besucht, und ich hatte die Gelegenheit mich mit den Besuchenden ins Gespräch zu kommen. Letzte Woche konnte ich «Color Change» erneut für drei Tage an der Ausstellung «THIS WAS AN OPEN CALL» präsentieren.

Nun lade ich dich ein, die 3D-Animation «Color Change» anzuschauen. Mit der Bitte, dir dabei Zeit zu nehmen, um über die eigenen rassistischen Denkmuster nachzudenken.

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Hier noch einige Bilder aus der Dokumentation von «Color Change» an den beiden Ausstellungen.

(bas)

Prozess

  1. Reflektieren
    Bereits bei der Bewerbung wusste ich, dass ich eine Arbeit zum Thema «Rassismus» kreieren und an der Ausstellung in der Heiliggeistkirche präsentieren möchte. Dabei war es mir wichtig, mir genügend Zeit zunehmen, um mir Gedanken zum Thema zu machen. Ich wollte mit meinem Werk einen konstruktiven Beitrag zum Diskurs über «Rassismus» kreieren, um meine Mitmenschen zum Reflektieren zu bewegen. So kam ich auf die Botschaft «colors dont change people», welche später in Textform unter die Animation platziert wurde.
  2. Blender
    Anschliessend habe ich mir überlegt, wie ich sich diese Botschaft visualisieren lassen würde. Passend zur Osterzeit, entschied ich mich für die Animation eines Eies, welches sich öffnet und die Sicht frei gibt auf sein Inneres. Bis zum Beginn dieses Projektes, habe ich noch nie mit Blender gearbeitet. Daher musste ich viele Tutorial und Blogbeiträge konsultieren um mich in der Software zurechtzufinden.  Schliesslich habe ich ein Ei konstruiert und dieses dann entsprechend animiert. Mühe bereitete mir vor Allem die einzelnen Bestandteile mit glaubwürdigen Materialien auszustatten. Ebenfalls komplex war die Animation des Risses auf dem Ei. Diese entstand komplett direkt auf dem Material im «Texture Node Editor». Zum Schluss habe ich das Ei knallgrün eingefärbt, und dann als PNG-Sequenz exportiert.
  3. After Effects
    Diese habe ich im After Effects dann vervielfacht. Ich fand es interessant die Animation zu loopen. dies lässt einerseits den Besucher: innen genügend Zeit, um über die Botschaft des Gesehen nachzudenken und andererseits wiederholen sich auch rassistische Vorfälle immer wieder. Dies kann für die Betroffenen sehr Kraft raubend sein und sich ermüdend auswirken. Dank der knalligen Farbe konnte ich mit dem «Change to Color»-Effekt die Schale problemlos selektieren und umfärben. Dabei war es mir wichtig ein möglichst umfassendes Farbspektrum darzustellen. Ich habe zuvor in einer anderen Komposition mit einem einfachen Rechteck Tests durchgeführt, um herauszufinden, wie ich sich die Ursprungsfarbe in möglichst alle Farben umfärben lässt. Zwischenzeitlich habe ich alle Hues des HSL-Farbmodells manuell «gekeyframet». Schliesslich erreichte ich dann das Gleiche durch das Schreiben von einer vierzeiligen «Expression» im bereits erwähnten Effekt. Durch diese wird die Eierschale in allen 359 existierenden Hue-Werte im HSL-Farbmodell umgefärbt. Einmal mit den «Expressions» auseinandergesetzt, kam mir die Idee die Einfärbung zu «randomizen». Dadurch wird die «Irrelevanz» der Farbe noch deutlicher kommuniziert und die Animation wirkt spannender. Aus dem gleichen Grund habe ich auch den Text und das Logo zufällig austauschen beziehungsweise einblenden lassen.
  4. Ausstellung Heiliggeistkirche
    Mir wurde ein älterer Monitor zur Verfügung gestellt und ein ebenfalls älterer Mediaplayer um «Color Change» auszustellen. Daher liess sich das ganze nicht beim ersten Versuch nicht von meinem USB-Stick abspielen. Schliesslich bin ich dann doch noch auf die Idee gekommen den USB-Stick neu zu formatieren. Dies war die Lösung, da der ältere Mediaplayer die ExFAT Formatierung nicht lesen konnte. Den Monitor habe ich im Hochformat auf eine Staffelei gestellt. Hierbei wurde deutlich, dass die älteren Monitore, keine Neigungssensoren haben. Also musste ich das Video im Premiere Pro -90 Grad kippen und dann im Querformat exportieren, damit das Video richtig auf dem gekippten Monitor korrekt dargestellt wurde. Später habe ich den Loop dann noch einmal verlängert, da der Mediaplayer mühe hatte das Video im Loop abzuspielen. Dabei stellte sich heraus, dass es in Premiere eine maximale Videodauer gibt, die liegt glaube ich bei 23 Stunden, wenn ich mich richtig erinnere. Im Endeffekt hat es dann aber funktioniert, und die Videoinstallation war rechtzeitig zur Vernissage betriebsbereit. Vor allem an der «Museumsnacht Bern 22» und dem «Festival der Kulturen» war die Ausstellung gut besucht und ich konnte viele positive Reaktionen auf «Color Change» beobachten.
  5. Ausstellung Tripity
    Als Ergänzung zur Animation habe ich für die zweite Ausstellung in Ableton einen Soundtrack erstellt. Auch hierbei war es mir wichtig neben dem klaren Rhythmus eine zufällige Komponente mit einfliessen zu lassen. Diese entstand durch das Rollen und Umfallen einer Klebebandrolle über das Ableton Push 2. Es handelt sich dabei um die hohen Töne. Dann wurde das Video gekürzt und das Timing der Animation am Sound angepasst. Anders als bei der ersten Ausstellung, hatten die Besuchenden im Tripity die Möglichkeit den Sound via Kopfhörer zu hören. Der Ton ist auch wichtig für die Veröffentlichung im Web.

Selbstkritik:

Gut:

  1. Ziel erreicht: digitale Kunst auszustellen
    Mit dem digitalen Kunstwerk «Color Change» konnte ich an einer renommierten Veranstaltung wie der «Museumsnacht Bern» teilnehmen
  2. zufällige Komponenten erzeugen Spannung
    Die zufällige Farbgebung, Einblendung, Auswechslung in der Animation und die zufälligen Töne, verstärken die Botschaft und erhöhen die Spannung
  3. Anpassungen für zweite Ausstellung
    Die Audiospur ergänzte die Animation und aus der Videoinstallation entstand eine multimediale Installation.

 

weniger gut:

  1. technische Ausstattung/ Probleme
    Ich hatte viele Schwierigkeiten mit der Technik, vor allem in der ersten Ausstellung. Ich musste viel Zeit investieren, um mich der Technik bekannt zu machen und um Workarounds herauszufinden für die Technischen Limitationen der älteren Geräte. Bei der zweiten Ausstellung habe ich frühzeitig moderne Technik organisiert und hatte deutlich weniger Probleme.
  2. Dokumentation
    Die Dokumentation war sehr unstrukturiert. Es entstanden jede Menge Bilder und Videos auf verschiedenen Geräten und an verschiedenen Tagen. Es wäre sicherlich sinnvoll gewesen die Dokumentation zu planen, um das Dokumentieren besser zu strukturieren und die Daten laufend zusammenzutragen und auszuwerten.

Erkenntnisse

  1. Alte Geräte kennen kein ExFAT
  2. Digitale Kunst muss an und abgeschaltet werden (da die Technick so komplex war, musste ich dies jeweils selbst übernehmen)
  3. Eine strukturierte Dokumentation erleichtert die Weiterverarbeitung
  4. After Effects Expressions vereinfachen die Arbeit, erweitern die Möglichkeiten von After Effects