Vier Wochen im Dienst der Schweiz – eine Reportage

Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.

Bundesverfassung, Art. 59 Abs.1

Als männlicher Schweizer Bürger kommt man früher oder später in Kontakt mit dem Militär. Sei das über Geschichten, die der Vater, ältere Geschwister oder Freunde erzählen, oder weil er selber mit einem Brief für den Orientierungstag aufgeboten wird. Spätestens ab da kann er seine eigenen Geschichten über das Militär erzählen.

An der Rekrutierung entscheidet sich, ob und in welcher Funktion der Soldat Dienst leisten wird. Danach folgen die Rekrutenschule in der entsprechenden Rolle sowie die jährlichen Wiederholungskurse, kurz WK. (Ausser natürlich man leistet seine Tage als Durchdiener am Stück.) Aber was ist ein WK überhaupt und was macht man da genau?

Dieser Frage gingen Andriu und ich in unserem Digezzprojekt nach. Wir beide haben vor dem Studium bereits Militärdienst geleistet und die Rekrutenschule absolviert. Jährlich erhalten wir nun das Aufgebot für den WK, um die uns verbliebenen Diensttage abzuleisten. Durch das verbinden von Militärdienst und Studiumsprojekt konnten wir sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sowohl den WK absolvieren, als auch für das Studium arbeiten. Zugegebenermassen war es ziemlich nützlich, dass ich bei meiner Einheit die entsprechende Rolle inne habe: So bin ich als Presse- und Informationsoffizier für alle Medienbelange im und um den WK zuständig. Da Andriu in einer anderen Einheit eingeteilt ist, musste ich ihn über das Personelle der Armee für unseren Dienst aufbieten.

Wir stellten uns die Frage, wie wir Aussenstehenden einen möglichst unverfälschten Einblick in den Alltag einer Militäreinheit im WK geben konnten und was die Soldaten und Kader motivierte, Militärdienst zu leisten. Mit unserem Fragenkatalog und der Erlaubnis des Kommandanten begaben wir uns deshalb auf Protagonistensuche, um diese zu klären. Das Ergebnis haben wir in einen Filmbeitrag zusammengeschnitten, der möglichst neutral und journalistisch sein möchte.

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(dbo)

Prozess

  1. Themenfindung
    Die Themenfindung gestaltete sich bei diesem Digezz als relativ einfach. Ich (Basil) wusste von schon relativ früh, dass ich in den WK gehen werden würde. In meiner Funktion als Presse- und Informationsoffizier bin ich unersetzbar. Das Studium würde deshalb wohl oder übel darunter leiden müssen, so ging es darum, das Beste aus der Situation herauszuholen. Seit dem ich vor über 5 Jahren an der Rekrutierung war, verfolgt mich das Thema Militärdienst und wird es auch tun, bis ich meinen letzten Diensttag geleistet habe. Über das Schweizer Milizsystem habe ich zum Beispiel bereits im ersten Semester meinen nonfiktionalen Text für das Modul Schreiben und Sprechen geschrieben. Da ich nebst meinen anderen Tätigkeiten im WK kaum ein Videoprojekt alleine stemmen konnte, mussten Verbündete her. Mehrere meiner Mitstudenten, die ebenfalls Militärdienst geleistet haben, waren am Projekt interessiert, hatten aber praktisch alle keine Lust, einen Monat des Studiums zu verpassen. Schlussendlich fand ich in Andriu einen Partner, der sich von der Idee überzeugen liess, einen Gast-WK zu leisten.
  2. Location
    Unsere Dienstleistung fand im Berner Seeland als auch im Kanton Aargau statt. Wir wollten unsere Protagonisten wenn möglich in ihrem Arbeitsfeld oder der natürlichen Umgebung ihrer Einheit filmen, was bei einem Aufklärungsbataillon grundsätzlich in der Natur ist. Für unsere Interviews hatten wir ein eigenes Militärfahrzeug zur Verfügung mit dem wir von Einheit zu Einheit fahren konnten, um diese durchzuführen.
  3. Videodreh
    Grundsätzlich teilten uns Andriu und ich Aufgaben auf: Während er für die Kamera und den Ton zuständig war, führte ich die Regie und das Interview. Über den ganzen WK hinweg drehten wir bei verschiedensten Wetterbedingungen und an den verschiedensten Orten insgesamt acht Interviews, mit folgenden Fragen:Gehst du gerne in den WK? Beschreibe den WK in drei Worten:Es existiert das Vorurteil, dass das Militär nur schiessen, saufen und marschieren ist, wie fest stimmst du dieser Aussage zu? Was davon stimmt? Wie ist der Dienst in deiner Wahrnehmung?Wie sieht dein typischer Alltag aus?Was hat dich dazu bewegt, Militärdienst zu leisten? Wieso in dieser Funktion?Kader: Was ist/war deine Motivation mehr zu leisten? Weiterzumachen?Machst du deine Militärarbeit gerne? Was gefällt dir am besten an deiner Arbeit? Wie ist die Umstellung vom zivilen Leben ins Militär und wieder zurück für dich?Wie konkret betrifft es dich, wenn zu wenig Soldaten in den WK kommen? Inwiefern macht das deinen Job schwerer?

    Wie unterscheidet sich die RS vom WK?

    Was hast du aus dem Militär ins Zivile mitgenommen? Hat sich etwas in deinem Alltag durch deinen Militärdienst verändert?

    Denkst du, es gäbe Möglichkeiten, den Militärdienst attraktiver zu gestalten? 

    Wenn ja, wie?

  4. Postproduction
    Die Postproduction war eine wahnsinns Arbeit, aus über drei Stunden Videomaterial mussten wir einen knapp 15 minütigen Clip zusammenschneiden. Kill your Darlings, wie man so schön sagt.

Selbstkritik:

Gut:

  1. Ziel erreicht: eine Kurzreportage über das Militär drehen
    Das Video gewährt einen einzigartigen Einblick, wer in der Tarnkleidung steckt und was ihre Motivation dafür ist, genau so Dienst zu leisten
  2. Ein Video, das evtl auch vom Militär gebraucht werden kann
    Ohne werberisch zu sein, haben wir ungeschönt und neutral die Motivation und Anliegen der Protagonisten auf Video gebannt. Wir werden definitiv mit der Armee schauen, wie das auf ihren Kanälen publiziert werden könnte.

weniger gut:

  1. Projekte zu zweit brauchen viel Absprache
    Während sich Basil um alles administrative und organisatorische kümmerte, war Andriu besonders mit filmen und der Postproduction beschäftigt. Weil der WK erst im November stattfand und Andriu im Dezember noch in den USA war, hatten wir praktisch keine Möglichkeit, einander bei den jeweiligen Aufgaben zu unterstützen.
  2. Einblick hätte noch besser sein können
    Leider haben wir es versäumt, die Protagonisten mehr nach ihrem Privatleben zu fragen, wie zum Beispiel, was für Hobbys sie ausüben. Oder sie in ihren zivilen Kleidern vor die Kamera stehen lassen. Das hätte die zivilen Werte etwas mehr untermalt.

Erkenntnisse

  1. Projekte zu zweit machen Spass, wenn alle am gleichen Strang ziehen und die gleichen Ideen haben
  2. Wir haben früh mit der Planung begonnen, aber eine noch klarere Vorstellung des Endprodukts hätte geholfen