URBANMETSÄ – Eine neue Markenidentität für Stockmann

Wer heutzutage durch Warenhäuser wie Globus, KaDeWe oder Galéries Lafayette schlendert, wird schnell feststellen: Viele Marken wirken austauschbar. Ihre Identitäten verschwimmen, der Wiedererkennungswert fehlt – und mit ihm die Aufmerksamkeit der Kund:innen. Genau mit dieser Herausforderung ist auch das Warenhaus Stockmann konfrontiert.

Ausgangspunkt: Eine starke Dachmarke – aber schwache Subbrands

Stockmann ist Finnlands führendes Premium-Warenhaus mit internationaler Strahlkraft. Mit sieben Filialen in Finnland, Estland und Lettland, mehr als 50.000 m² Verkaufsfläche und einer klaren strategischen Ausrichtung auf Nachhaltigkeit, Jugendlichkeit und lokale Produktion steht die Marke für Qualität und Zukunftsfähigkeit.

Die unternehmensinternen «Design by Stockmann» Menswear-Labels Cap Horn und Construe konnten diesem Anspruch jedoch nicht gerecht werden. Beide Marken wirkten visuell beliebig, verfügten über kaum erkennbare Identität und zeigten auf der Verkaufsfläche nur geringe Relevanz. Es fehlte ein stimmiges Markenerlebnis – das Produkt stand isoliert für sich, ohne emotionale Bindung oder narrative Klammer. Auch die Markensegmentierung in Finnland machte deutlich: Die Konkurrenz war längst präsent.

Analyse und Entscheidung

Im Zuge visueller Audits, Storebeobachtungen und Kundenbefragungen wurde deutlich: Ein Neuanfang war nötig. Die beiden Herrenmode-Labels brauchten definitiv eine neue strategische Ausrichtung. Nach sorgfältiger Analyse fiel dann die Entscheidung, die Marke Construe weiterzuentwickeln und Cap Horn einzustellen – Construe bot das grössere Potenzial für eine erfolgreiche Neupositionierung. Gleichzeitig stand fest: Auch ein neuer Name musste her.

Die Leitidee: Was macht finnische Identität heute aus?

Die zentrale Frage für die Neupositionierung war schnell formuliert: Was ist typisch finnisch – und wie kann das zeitgemäss in einer Modemarke erzählt werden? Die naheliegenden Assoziationen: Natur, Wald, Ruhe, Weite. Statt sich jedoch in Clichés zu verlieren, wurde ein Konzept entwickelt, das Urbanität und Natur miteinander verbindet. Genau dafür stand auch Construe.

So entstand der Name Urbanmetsä – eine Wortkreation aus urban und metsä, dem finnischen Wort für «Wald». Die Idee: Eine Marke, die für das Gleichgewicht zwischen Stadt und Natur steht. Klar, nordisch, zurückhaltend – aber mit Tiefe. So startete die Reise nach dem richtigen Look & Feel:

Mehr als Mode: Urbanmetsä als Lifestyle-Erlebnis

Von Anfang an war klar: Urbanmetsä soll kein reines Modelabel, sondern ein ganzheitliches Lifestyle-Erlebnis in den Stockmann-Stores werden. Das Konzept bindet alle Sinne mit ein:

  • Haptik: Holz, Texturen, natürliche Materialien, die bewusst fühlbar gemacht werden.
  • Geruch: Ein eigens entwickelter Waldduft in Zusammenarbeit mit dem finnisch-japanischen Parfümeur Hetkinen.
  • Sounddesign: Akustische Welten, die Stadtgeräusche mit subtilen Naturelementen kombinieren.
  • Raumgestaltung: Materialien und Lichtstimmungen, die Gegensätze wie Beton und Moos, Stadtlicht und Naturtexturen zusammenbringen.

So entsteht ein multisensorisches Einkaufserlebnis, das nicht nur Kleidung verkauft, sondern Haltung und Gefühl. 

Bildsprache & Umsetzung

Zentrales Element im Rebranding war die Entwicklung einer starken, wiedererkennbaren Bildwelt. Mithilfe von KI-generierten Visuals wurden erste Moodboards und Szenarien entwickelt. Ziel war es, Mode, Kunst und Kultur nahtlos miteinander zu fusionieren. Einblick in das Lookbook gibt es hier.

Die visuelle Identität überführt in konkrete Elemente:

  • Prototypen: Von handgefertigten Kleiderbügel bis hin zu hang tag-Entwürfen
  • In-Store Experience: Exhibition Design-Vorschläge und 3D-Visual-Flächengestaltung im Store
  • Künstlerische Integration: Zusammenarbeit mit lokalen Kreativen wie dem Konzeptkünstler Antti Laitinen oder dem Möbeldesigner Antrei Hartikainen, ausgezeichnet als «Designer of the Year»

(abb)

Die Entwicklung von «Urbanmetsä» fand im Rahmen eines zweiwöchigen Workshops an der Aalto in Helsinki statt. Unser 4-köpfiges-Team – international gemischt aus Deutschland, Italien und Japan – musste sich zunächst einspielen. Unterschiedliche Arbeitsweisen, kreative Routinen, Denkstile und kulturelle backgrounds prallten aufeinander.

Als kreative Leitung trieb ich die gestalterische Richtung des Projekts voran, die Koordination lief über daily pitches und konstante Abstimmungen. Schnell wuchs dann das Projekt über das eigentliche Vorhaben hinaus: aus Moodboards wurden Systeme, aus Ideen konkrete Umsetzungen. Viele Stunden in der Unibibliothek, unzählige Entwürfe / Tests im Design Lab später stand eine Strategie, die uns überzeugte und auch uns als Team zusammenschweisste.

Learnings

Das Projekt hat gezeigt, wie wichtig klare Fokussierung ist, vor allem unter Zeitdruck. Es hat uns alle gelehrt, in kurzer Zeit konzeptionell zu denken, Entscheidungen zu treffen und den Mut zu haben, eine visuelle und strategische Vision konsequent umzusetzen. Gleichzeitig war es ein Raum für interdisziplinäre Zusammenarbeit – Design, Storytelling, Branding, Management: alles kam irgendwie zusammen. Am Ende war «Urbanmetsä» nicht nur ein Rebranding-Case, sondern ein Experiment im Spagat zwischen Kreativität, Umsetzbarkeit und Teamwork (that made the dream work!).

Das Projekt wurde auf Grundlage eines realen Cases entwickelt und zu Studienzwecken als konzeptionelle, nicht-kommerzielle Arbeit realisiert.