Poetry-Slam «Nachtschicht»

Meer

Das Wort «Nachtschicht» liess mich nicht mehr los. Für die, unter anderem, digitale Kunstausstellung «Nachtschicht21», habe ich einen Poetry-Slam erfasst. 

Für dieses interessante Thema habe ich mich mit dem Wort an sich zuerst auseinandergesetzt, daher auch derselbe Titel: «Nachtschicht». Der Beitrag ist mit einem Klick hier direkt auf der Homepage von Nachtschicht zu finden. 

Doch, bevor ich zuerst grosse Worte verliere, hier der besagte Poetry-Slam:

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Nachtschicht
Poetry-Slam von Simone Bürzle

Nacht und Schicht.
Die Nächte schichten sich 
dicht an dicht.
Es wird schon langsam dringlich,
dieses seltsame Experiment.
Das Experiment, 
dass sich das Leben nennt.

Ach – hät ich doch früher schon begonnen.
Aber wie heisst es so schön?
Wie gewonnen so zerronnen.

Doch aus – Morgen ist auch noch ein Tag.
Ach – Morgen ist auch noch ein Tag. 
Aaach – Morgen ist auch noch ein Tag!
AAACH – Morgen ist auch noch ein – 
wurde jetzt.

Jetzt ist kurz vor zwöf, tick.
Der Zeiger bewegt sich immer weiter, tack.
Scheint fast so als wird er schneller, tick.
Grösser, tack.
Bedrohender, tick.
Dieser Arsch, tack.

Tick-Tack-Tick-Tack!

Dann wach ich auf – 
Merke, alles war nur ein Traum.
Fühle mich fast schon wie nach einem Staffellauf,
als ob ich wüsste, wie sich das anfühlte – dafür bin ich viel zu faul. 

Doch, die Abgabetermine stehen noch im Raum.
Aber ach – Morgen ist auch noch ein Tag,
halt ich meine Gedanken im Zaun,
weil ich schlafen mag.

Einatmen, ausatmen,
Bitte Nacht, 
schichte dich um mich!
Wieder Schicht für Schicht.
Dicht an dicht.
Einatmen, ausatmen,
einatmen, ausat-

Gedanken bauen sich auf, werden höher, 
ziehen mich in den Bann wie ein Hypnothiseur,
bäumen sich auf, wie grosse Wellen .
Bis sie an meiner inneren Wand zerschellen.

Die nächste Welle bahnt sich an,
als ich noch mit mir rang,
und ich weiss, ich werde den Kampf verlieren. 
Da kann ich mich gleich mit meinen Gedanken alliieren.

Wir schlafen und träumen,
Wachträume im Alltag.
Nur um dann zu merken, 
dass wir den haben – den Verfalltag.

Es wird schon langsam dringlich,
dieses seltsame Experiment.
Das Experiment, 
dass sich das Leben nennt.

Wir träumen von einer besseren Welt,
aber rennen schlussendlich wegen dem Geld.
Wir träumen von einer besseren Zeit,
als wäre es ein momentaner Hype.

Es gibt so viel zu sagen, 
– doch ich trau mich nicht.
Trau mich nicht zu sagen,
wie alles zusammenbricht.

Gelder fliessen, Wirtschaft floppt, toppt
Pharmaindustrie boomt – 
doch stopp –
Was sagt uns das?
Vieles könnten wir ändern.

Moment – Was? Wie? Ich? 
Doch in Wahrheit…
Die Wahrheit ist ein besonderes Konstrukt.
Von dieser Seite aus betrachtet, 
manchmal kahl und fad.
Von der anderen Seite unbeachtet, 
klar und stark.

In Wahrheit ist die Wahrheit,
wie ein Kristall im Sonnenlicht voller Klarheit,
von verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Leuchtet schimmernd und entmachtend…

Schlaf – auch wenn du ein Dieb bist, 
kriege ich dich zurück mit einer List?
Du, der einem das halbe Leben raubst,
ich bitte dich, mit deinem Verlaub! 

Gedanken! Seid mal leise!
Halt es in mir in bestimmter Weise.
Dann steh ich am Meer
und ich fühle mich auf einmal –
ruhig und leer. 

Einatmen, ausatmen,
einatmen, ausatmen.
Die Nacht schichtet sich wieder um mich.
Schicht für schicht,
dicht an dicht.
Einatmen, ausatmen…

Am nächsten Morgen – erinnere ich mich an nichts.

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Für mich ging es hierbei um all die Gedanken, die wir in der Nacht manchmal haben, zwischen Halbschlaf und wach sein, wenn man in der Nacht aufwacht und einen einzigartigen Strudel aus Gedanken wiederfindet. 
Der Konflikt, das Einschlafen zu erzwingen aber auch der Aspekt von dem Gefühl, das wir unser halbes Leben verschlafen.

So viele Gedanken, die einem hin und herwerfen lassen und der Schlaf immer weiter in die Ferne jagen. 

… Und dass wir manchmal keine Ahnung mehr davon haben könnten. 

(ash)

Die Idee
Als Mitstudierende das Projekt Nachtschicht an die Öffentlichkeit brachten, fand ich die Idee so gut, dass ich auf irgendeine Art und Weise mitwirken wollte.So begann ich, mich mit dem Wort «Nachtschicht» auseinander zu setzten und was es für mich bedeutete.

Die Umsetzung
Da es eine Eingabefrist gab, musste ich mich rann halten – denn ich entschloss mich relativ spontan für dieses Projekt. Mehrere Tage kamen immer wieder Gedanken hinzu, Sätze wurden gestrichen, neu formuliert – es war ein intensiver Prozess. Aber ich denke generell, bei solchen Projekten ist es immer eine intensive Zeit. Denn das Thema begleitet einem dann Tag ein, Tag aus. Wenn ich kurz vor dem Einschlafen noch Gedanken dazu hatte, schrieb ich sie mir schnell auf, damit sie nicht vergessen gingen.

Als ich mit dem Text zufrieden war, gab es zuerst einen Testlauf vor der Familie. Danach nahm ich es mit dem Steinberg UR 22C Set in Audition Mono auf und bearbeitete es ganz dezent. Ich habe mir zuerst überlegt, ob ich doch lieber Stereo machen sollte, entschied mich aber für eine «saubere» Variante in Mono.
Da es einen Poetry-Slam ist, habe ich versucht, einen One-take zu machen, was mir auch nach mehreren Anläufen gelang (daher hört man trotzdem einmal kurz das Blätterrascheln).
Dann wurde es eingereicht und am 12. Mai 2021 auf der Website veröffentlicht.

Für den Beitrag verwendete ich ein Foto von mir in Marokko, dass ich noch ein wenig bearbeitete habe (jedoch nicht viel – die Farben waren so schon relativ intensive). Ich fand die Schichten der untergehenden Sonne im Himmel irgendwie passend zu diesem Poetry-Slam, sowie das Meer.

Learnings
Da ich das Steinberg UR 22C Set neu hatte, war es für mich eine gute Übung und Vorbereitung. Die ganzen Installationen, die man im vorab machen musste etc. hatte ich natürlich nicht eingeplant. Daher wichtig: bei neuen Produktions-Artikel immer genügend Zeit einrechnen für etwaige Installationen, Proberunden und alternativ noch Ausweichmöglichkeiten.