Mit Thomas Frei zu Besuch in der Welt der verstorbenen Seelen

Es ist 9:00 Uhr, talabwärts aus den dichten Wäldern des Unterengadins, ragt das geheimnisvolle und imposante Hotel Val Sinestra empor. Die altgelben, brüchigen Fassaden, die kleinen mitgenommenen Balkone und die beschädigten Leitern dazwischen schaffen im Frühnebel eine unheimliche Atmosphäre. Ein merkwürdiges Gefühl entsteht und lässt einen im Glauben, nicht allein zu sein.

Durch die Fenster des Hotels erscheint die Schrift Ghosthunters Schweiz. Heute werden jedoch keine Geister gejagt. Es wird nach Beweisen gesucht, ob unseren Gefühlen, von Geistern umgeben zu sein, Glauben geschenkt werden kann. Sei es nun im Hotel Val Sinestra oder in den eigenen vier Wänden.

Im Kurhaus sind alle Kursteilnehmenden, welche die Ausbildung zum Ghosthunter absolvieren möchten, versammelt. Darunter auch der Kursleiter und Elite Ghosthunter Thomas Frei mit seiner Lebenspartnerin Gisela Wasem, welche ebenfalls zu den Elite Ghosthunters zählt. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen erwartet ein Tag voller Theorien über die geistige Welt und was zu einem Spuk führen kann. Auch Geräte, mit welchen bewiesen werden kann, ob verstorbene Seelen anwesend sind, liegen bereit.

Alle sind gespannt auf den heutigen Tag und begierig auf sogenannte Energien. Werden die Geister auftauchen oder gehört alles zu einer inszenierten Show?

Der erste Schockmoment

Thomas Frei stellt sich vor. Mit seiner Lebenspartnerin führt er den Verein Ghosthunter Schweiz. Er möchte verstorbenen Seelen wie auch Menschen zur Seite stehen und versuchen, der Menschheit paranormale Phänomene näherzubringen. Mit seiner Ironie und bodenständigen Art, führt er die Kursteilnehmenden vorsichtig an das Thema der geistigen Welt. Das Zimmer 317 kommt zur Sprache. Dieser Raum dient als Notfallzimmer und ist mit einem CD-Spieler ausgestattet. Doch wie kann ein CD-Spieler aus einer Notlage retten?

Thomas Frei erklärt dem Publikum, wenn die Anwesenden euphorisch auf alles zugehen und offen auf das zugehen was heute geschieht, öffnen sie ihre Energien für die anwesenden Geister. Es entsteht eine sogenannte «Andockung» einer verstorbenen Seele, welche durch die Schritt-für-Schritt-Anleitung auf der CD wieder entfernt werden kann. Eine betroffene Person fühlt sich entsprechend unwohl und entwickelt eine gestörte Selbstwahrnehmung. Ein Raunen geht durch den Raum. Die Teilnehmer scheinen überrascht zu sein. Ihre ungläubigen Blicke wandern durch den Raum und suchen nach Halt. 

 «Es gibt keine bösen Geister.» Bevor Thomas Frei tiefer in das Thema der paranormalen Welt eintaucht, betont er aber noch etwas wichtiges. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Durch die Dualität und Polarität in unserer materiellen Welt gibt es Gut und Böse. In der Energiewelt muss aber für ein besseres Verständnis nicht geurteilt, in schwarz-weiss getrennt oder Verschiedenes in Verbindung gebracht werden – darum gibt es kein Gut und Böse in der geistigen Welt. Dennoch ist die Stimmung im Raum angespannt, denn der Gedanke, dass sich der verstorbene Grossvater «andocken» kann, lässt einen nicht los.

Was sind den nun Geister?

Nachdem die Workshop Teilnehmenden mit ihren Unterschriften eingewilligt haben, unter anderem nach dem Kurs an Schlafstörungen zu leiden, beginnt Thomas Frei mit dem Ghosthuntingkurs.

Geister sind keine Gestalten umhüllt mit weissen Gewändern, wie wir es von Hollywoodstreifen kennen. Aus der Wissenschaft ist bekannt, dass alles aus einer Energie besteht. Thomas erklärt, dass der Mensch aus einer Feinstofflichkeit und einer Grobstofflichkeit besteht. Warum die geistige Welt immer noch eine Glaubenssache ist, liegt daran, dass sich die Feinstofflichkeit nicht messen lässt und nicht belegbar ist.

Thomas rechtfertigt seinen Glauben an die geistige Welt mit einem Vergleich zur Psychologie. Auch eine Schizophrenie beispielsweise ist nicht messbar und trotzdem ist diese Krankheit für unsere Welt existent.

Unheimliche Erlebnisse

Thomas findet in vereinzelten Teilnehmern grossen Zuspruch. In der Mittagspause möchte unser Redaktionsteam mehr über die Kursteilnehmer erfahren. Als rational denkende Studenten sind wir kritisch, gehen aber offen auf die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu. Wir erfahren grosses Interesse an unseren Personen und verschiedene Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben das Bedürfnis bei uns erlebte Geistergeschichten loszuwerden. So auch Simone Wolf: «In meinem alten Auto ist ständig der ehemalige verstorbene Besitzer mitgefahren. Ich habe seine kalte Luft im Nacken gespürt und seine Anwesenheit bei jeder Fahrt bemerkt.» Auch Claudia wurde von ihrem Grossvater heimgesucht. 

Der Elite-Ghosthunter fährt mit seinem Workshop fort. Spuk tritt meist bei Nieder-Energien auf. Wenn Personen verbittert durchs Leben gehen entsteht eine Nieder-Energie. Dadurch werden Geister angezogen. Bei fröhlichen und verliebten Menschen fühlen sich diese Spuk-Energien unwohl, darum erfahren positive Menschen keinen Spuk. Obwohl das Medium Thomas mit seinen Aussagen nicht immer glaubwürdig erscheint, beweist er wiederkehrend seine pragmatische Denkweise. Er belehrt das Publikum, dass an der Vernunft festgehalten werden soll. «Seid vorsichtig, bevor ein geistiges Wesen in Anbetracht gezogen wird. Prüft, ob es sich nicht um einen Schatten oder ob es sich um eine hypnagoge Halluzination, auch bekannt als Schlaf-Halluzination, handelt. Auch Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten können dazu führen, dass Betroffene Geister sehen.»

Nach einer kurzen Einführung der verschiedenen Messgeräte wie dem Elektrofeldmeter erklärt uns Thomas, dass er auf der Arbeit oft Messungen von elektromagnetischer Strahlung vornimmt. «Spukphänomene können auch mit zu hohen elektromagnetischen Strahlungen (Elektrosmog) ausgelöst werden.» Der App-Store bietet ebenfalls geeignete Tools: Ghostzube SLS. Eine Gratis-App zur Messung paranormaler Phänomene. Die Teilnehmenden brennen darauf, verschiedene Geräte auszuprobieren, um so zu beweisen, dass sie mit ihren Schilderungen Recht haben. Der ganze Tag spitzt sich auf einen einzigen grossen Höhepunkt zu – Geister sehen und erleben.

Das Elite Ghosthunterteam Schweiz schildert den Anwesenden, was in der gemeinsamen Nacht, während der Kontaktaufnahme mit der geistigen Welt, geschehen könnte. Gisela Wasem, die Lebenspartnerin von Thomas, gilt als aktuelles Medium und Sprachrohr zwischen Verstorbenen und Menschen und kann in einem sogenannten Energiezirkel ab und an in Trance fallen.

Eine Kontaktaufnahme mit der geistigen Welt

Nach dem gemeinsamen Fondue kommt es nun zum Postenlauf, auf den alle Schüler und Schülerinnen den ganzen Tag gespannt und nervös gewartet haben. Es gibt drei verschiedene Posten. Einen Posten im Keller und einen im Schulungszimmer, welche mit verschiedenen Messgeräten ausgestattet sind. Der dritte Posten befindet sich im 4. Stock in einem Zimmer, in welchem der Energiezirkel stattfinden wird. 

Zu Beginn kommt es im Keller bei der paranormalen Untersuchung zu einem Kontakt mit einem Herrn und einer Dame aus der geistigen Welt. Im Schulungsraum kommt es zu keinem Kontakt mit Energien.

Im 4. Stock kommt es zu einem grösseren Kontakt mit mehreren Energien oder auch Spirits genannt. Dabei wird ein Tisch wie von Geisterhand hin und her bewegt, hochgehoben, umgedreht und so auf dem Boden gelassen. Dieser Posten hat wohl am meisten Eindruck hinterlassen.

Thomas Frei lebt in einer Welt voller Faszinationen. Er betont klar, dass er niemanden zum Glauben an die Zwischenwelt zwingt und zwingen möchte. In erster Linie strebt er danach, den Menschen zur Seite zu stehen und dabei behilflich zu sein, den richtigen Weg zu finden. Welche Geschichte wirklich passiert ist, was wahr und was falsch ist und ob wir durch Illusionen getäuscht werden, lässt er im Raum stehen. Er möchte den nötigen Respekt und so akzeptiert werden, wie er ist, denn auch er akzeptiert die Meinungen verschiedener Menschen. Geister suchen uns Menschen heim, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie sind uns demnach ähnlicher als wir denken.

Ein paar Impressionen vom Besuch im Val Sinestra:

(stm)

Motivation:
Habt ihr auch Geister zu Hause? Mit dieser Frage wurde aus einem Alltagsthema in einer lockeren Gesprächsrunde ein konkretes Projekt: Eine Reportage über die Ausbildung zum Geisterjäger. Wir haben uns bei Ghosthunters.ch für diese Ausbildung  angemeldet und haben ein Wochenende lang an dieser Ausbildung teilgenommen.

 

Kritik:

Wie weit soll man für eine gute Geschichte gehen? Das war die Frage, die wir uns gestellt haben. War es richtig, unsere Gesundheit zu riskieren?
Was wäre gewesen, wenn wir besessen von dieser Reportage zurückkehren? Nun, eine klare Antwort auf die erste Frage haben wir nicht gefunden. Dieses Abenteuer wird uns für immer in Erinnerung bleiben. Ab und zu Grenzen ausloten gehört schliesslich auch zur Arbeit als Journalist. Als Thomas Frei von Besessenheit gesprochen hat, hätten wir uns zurücknehmen müssen, anstatt auf das Ungewisse einlassen. Die Neugier war aber einfach zu gross. Zu gespannt waren wir – in dem Moment haben wir den Blick für das Objektive verloren und sind ein Moment lang zu Fans geworden. Dort haben wir gelernt, dass die Arbeit eines Journalisten mehr von Distanz und Objektivität geprägt sein muss. Das nächste Mal sind wir vorsichtiger und Objektiver – vielleicht auch nicht. Weil: Es war einfach wunderbar in eine fremde Welt einzutauchen und an die Grenzen zu gehen. Erlebnisse sind dazu, um dauerhaft in Erinnerung zu bleiben. Val Sinestra wird für immer eine Erinnerung wert sein. Wir sind noch immer etwas überwältigt von den Emotionen und hin – und hergerissen in unserem Urteil.