Introduction to Long Exposure Photography
Fotografieren bedeutete für mich lange: Handy zücken, draufhalten, fertig. Und trotzdem gab es diese eine Technik, die mich immer wieder fasziniert hat: die Langzeitbelichtung. Diese ruhigen, fast magischen Bilder mit fliessenden Lichtern fand ich einfach cool – auch wenn ich wenig Ahnung hatte, wie sie entstehen. Also stand ich plötzlich doch irgendwann da – mit Kamera, Stativ und Auslöser – und wartete minutenlang darauf, dass ein einziges Foto entsteht.
Vor Ende meines Studiums wollte ich mir die Zeit nehmen, Langzeitbelichtung endlich selbst mal auszuprobieren. Dafür arbeitete ich mit der Canon EOS 5D Mark III. Fotografiert habe ich dafür im Bulb-Modus, also einem Modus, bei dem der Verschluss der Kamera so lange offen bleibt, wie der Auslöser gedrückt wird.
Neben der Kamera brauchte ich ein stabiles Stativ, einen ND-Filter, einen externen Kameraauslöser und vor allem eines: Geduld.
Warten, beobachten, lernen
Pro Foto wartete ich jeweils zwischen 2 und 15 Minuten. Während dieser Zeit war der Verschluss geöffnet und alles, was sich bewegte oder leuchtete, hinterliess seine Spuren auf dem Bild.
Ich fotografierte an verschiedenen Nachmittagen und Abenden, oft während es langsam dunkel wurde. Besonders der Übergang vom Tageslicht in die Nacht erwies sich als reizvoll. Mit jeder Minute veränderten sich die Lichtverhältnisse und neue Lichtquellen traten hervor.
Unterschiedliche Orte, unterschiedliche Lichter
Um ein Gefühl für die Technik zu bekommen, suchte ich bewusst unterschiedliche Orte auf. Fotografiert habe ich unter anderem: auf Autobahn- und Bahnhofsbrücken, entlang von Strassen und Flussbetten und in der Nähe des Flughafens Zürich.
Mein Fokus lag darauf, verschiedene Lichtbewegungen einzufangen: vorbeifahrende Autos und Züge, Strassenlampen oder Spiegelungen im Wasser. Jede Location stellte neue Anforderungen. Mal war das Licht zu stark, mal zu schwach. Manche Bilder funktionierten auf Anhieb, andere überhaupt nicht. Fehler gehörten von Anfang an dazu.
Hier eine Auswahl meiner besten Versuche:














Meine Erkenntnisse
Rückblickend war die Langzeitbelichtung für mich weit mehr als ein technisches Experiment. Sie zwang mich dazu, langsamer zu werden, genauer hinzusehen und mich bewusst auf einen Prozess einzulassen. Ein Foto entsteht hier nicht in einem Bruchteil einer Sekunde, sondern über mehrere Minuten hinweg.
Gerade als Anfängerin war das extrem lehrreich. Durch Beobachten, Warten und Ausprobieren wurde aus abstraktem Wissen praktische Erfahrung. Auch wenn nicht jedes Bild gelungen ist, war genau dieser Lernprozess der eigentliche Gewinn.
(vha)
Da die Fotos zwischen Oktober und November entstanden sind, waren die Wetterbedingungen oft unangenehm. Für die einzelnen Aufnahmen stand ich jeweils mehrere Stunden draussen, meist in der Kälte während den Abendstunden, teilweise bei Wind und sogar Regen. Trotzdem hat sich dieser Einsatz aus meiner Sicht klar gelohnt, da die praktische Erfahrung den Aufwand mehr als aufgewogen hat.
Selbst als MMPlerin war fotografieren mit einer «richtigen Kamera» eher etwas Neues für mich – und vor allem die Langzeitbelichtung kannte ich bisher gar nicht. Irgendwann im ersten Semester des Studiums erhielten wir mal eine grundlegende Einführung in die Fotografie. Das lag jedoch schon längere Zeit zurück und dieses Wissen wurde seither kaum praktisch angewendet. Für das Projekt bedeutete das, dass ich mir zentrale Grundlagen nochmals aneignen und bewusst repetieren musste. Dabei halfen mir insbesondere YouTube-Tutorials, mit denen ich mir einen kompakten Crash-Kurs zusammenstellte. Als Erstes musste ich mir überhaupt beibringen, wie man Langzeitbelichtung macht und was es dazu braucht. Dann lag der Fokus vor allem auch auf den benötigten Einstellungen ISO und Blende, da diese natürlich einen grossen Einfluss auf das Ergebnis haben. Dieses Wissen erneut zu vertiefen war entscheidend, da sich viele Zusammenhänge erst in der praktischen Anwendung wirklich erschliessen.
Ein besonders herausfordernder und zugleich nervenaufreibender Aspekt des Projekts war der iterative Arbeitsprozess. Jede Veränderung an den Kameraeinstellungen bedeutete, dass erneut mehrere Minuten – teilweise bis zu 15 Minuten – gewartet werden musste, bis ein Ergebnis sichtbar wurde. Fehler oder Fehlannahmen liessen sich dadurch nicht unmittelbar korrigieren. Zusätzlich erschwerte die rasche Veränderung der Lichtverhältnisse, insbesondere in der Übergangszeit vom Tag über die Dämmerung bis in die Nacht, das Arbeiten erheblich. Häufig veränderte sich die Lichtsituation noch während einer Aufnahme, wodurch Vergleiche zwischen einzelnen Bildern nur eingeschränkt möglich waren. Dies machte es nicht einfach, konsistente und gezielt reproduzierbare Einstellungen zu finden.
Was mir dann gegen Ende des Projekts zudem überraschend viel Spass gemacht hat, war die Bildbearbeitung im Nachhinein mit Lightroom. Die Aufnahmen weiterzuentwickeln, Kontraste anzupassen und die Lichtstimmungen gezielt herauszuarbeiten, stellte eine sinnvolle Ergänzung zum fotografischen Prozess dar. Gerade bei Langzeitbelichtungen zeigte sich, wie stark die Wirkung eines Bildes durch eine sorgfältige Nachbearbeitung beeinflusst werden kann.
Insgesamt konnte ich durch das Projekt mein fotografisches Wissen nicht nur wesentlich auffrischen, sondern auch gezielt erweitern. Langzeitbelichtungen empfinde ich nach wie vor als eine sehr spannende und wirkungsvolle Möglichkeit der Fotografie. Das Projekt hat mir deutlich gezeigt, wie wichtig praktische Erfahrung für nachhaltiges Lernen ist – und dass sich Geduld, Zeitaufwand und auch anspruchsvolle äussere Bedingungen letztlich auszahlen.