Escaping reality through painting

Zwischen den stillen Schichten von Farbe und Papier beginnt eine Reise. Kein Kampf mit Schwertern, sondern ein Dialog zwischen Hand, Material und Erinnerung…

Für dieses Projekt habe ich mich entschieden, ein malerisches Experiment zu machen – ein Weg von Buntstiften über Gouachefarben bis hin zu Acryl. Ich wollte erforschen, wie unterschiedliche Medien nicht nur die Technik, sondern auch mein Erleben des Schaffens verändern. Jede Phase brachte neue Einsichten, neue Herausforderungen und eine andere Ausdrucksweise.

Konzept und Vorbilder

Die Idee entstand aus einer persönlichen Erinnerung: dem Animationsfilm Barbie als Rapunzel. Was mich daran faszinierte, war nicht das Märchen selbst, sondern die tiefere Botschaft – Rapunzel benutzt den Pinsel und nicht das Schwert. Kunst ist ihre Waffe und ihre Freiheit. Genau diese Symbolik zog mich dazu, meinen eigenen „Ausbruch aus dem Gefängnis“ durch die Malerei zu beginnen.

Ein weiterer Antrieb war der Kontrast zwischen meinem digitalen Leben und dem Bedürfnis, zum physischen Ausdruck zurückzukehren. Im Gegensatz zum Computer, wo alles schnell und präzise ist, bot mir die Leinwand Langsamkeit, Unvollkommenheit und die Einmaligkeit jedes Strichs. Ich wollte die Materialität der Farbe spüren und erfahren, was es bedeutet, wenn es keine Delete-Taste gibt.

Workflow und Prozess

Zuerst begann ich mit Buntstiften. Das war ein sicherer Start – alles war ordentlich, die Linien klar, und ich hatte das Gefühl, die volle Kontrolle über jeden Strich zu haben. Doch schon nach einigen Bildern merkte ich, dass etwas fehlte. Die Farben waren zu ruhig, und das Papier wirkte flach, ohne das Leben, das ich suchte.

Deshalb begann ich, mit anderen Malmitteln zu experimentieren. Jeder neue Schritt brachte eigene Herausforderungen und eröffnete mir neue Möglichkeiten, die ich in den folgenden Phasen genauer erkunden wollte.

Bei komplexeren Motiven nutzte ich Indigo-Papier, um die Grundumrisse zu übertragen. Das war ein kleiner Trick, der mir den Prozess erleichterte: weniger Zeit für Geometrie, mehr für Farbe. Dadurch konnte ich mich auf das konzentrieren, was mich am meisten interessierte – Schichten, Texturen und die Atmosphäre des Bildes. Im Gegensatz zum Kugelschreiber, den ich anfangs verwendete, verschmierte das Indigo nicht, und die Linien liessen sich leicht mit Farbe überdecken.

Gouache

Als ich mit Gouachefarben zu arbeiten begann, überraschte mich zuerst ihre Doppelnatur – einerseits kann man eine satte, dichte Schicht bekommen, andererseits wirken sie wie Aquarell, wenn man genug Wasser hinzufügt. Diese Zweideutigkeit war am Anfang sowohl Vorteil als auch Problem. Zum Beispiel stellte ich bei Hintergründen fest, dass zu viel Wasser ins Papier eindrang und Flecken hinterliess, während dickere Schichten sich nicht mehr verändern liessen.

Eine interessante Entdeckung war, wie wichtig die Reihenfolge der Farbaufträge ist. Bei Gouache lassen sich helle Töne nur schwer über dunkle legen – oft „verschluckt“ sie die dunkle. Deshalb begann ich umgekehrt zu arbeiten: Ich baute die Komposition von hell nach dunkel auf und erleichterte mir so den ganzen Prozess. Das ist ein grosser Unterschied zu Acryl, wo man Schicht für Schicht korrigieren kann.

Ein besonderes Erlebnis war das Mischen der Farben. Mehrmals war ich überzeugt, durch einfache Kombinationen den gewünschten Ton zu erreichen, aber es kam ganz anders. Zum Beispiel dachte ich, dass ich mit reinem Gelb und etwas Blau die frische Farbe einer Zitrone hinbekommen würde – stattdessen entstand Grau oder ein trübes Grün. Erst mit Gelb, Orange und einer winzigen Menge Blau erschien der warme, „saftige“ Effekt. Das lehrte mich, dass die Farbe auf der Palette nie dieselbe ist wie auf dem Papier – man muss immer den Faktor Trocknung und Schichtung einberechnen.

Ein weiteres Detail war, wie schnell Gouache „wiederbelebt“ werden kann. Wenn ich eine ältere Schicht mit einem feuchten Pinsel berührte, verwischte die Farbe und veränderte den Ton der ganzen Fläche. Das war manchmal frustrierend, aber auch befreiend – als ob es mich zwang, vorsichtiger zu sein und vorauszudenken.

Wie alles begann

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Neues Kapitel – Acrylfarben und Natur

Als ich beschloss, endgültig auf Acrylfarben umzusteigen, schlug ich bewusst auch ein neues Kapitel auf. Ich spürte, dass es nicht reicht, nur die Technik zu ändern – ich musste auch die Umgebung wechseln. Deshalb ging ich in die Natur, nach Kroatien, um Ruhe und Freiheit zu haben, mich ganz mir selbst und diesem Projekt zu widmen. Es fühlte sich an, als ob die Gedanken anders atmen, sobald der Lärm der Stadt verschwindet, und die Farben auf der Palette plötzlich mehr Raum zum „Sprechen“ haben.

Die Arbeit mit Acryl eröffnete mir eine völlig neue Welt. Ich konnte Schichten aufbauen, ohne Angst, dass sich die alten verwischen. Ich lernte, den Pinsel vielseitig einzusetzen – von breiten Strichen für Hintergründe bis zu feinen, fast trockenen Aufträgen für Texturen. Acryl trocknet unglaublich schnell, was mich oft zu instinktivem Arbeiten zwang – doch genau das gab mir ein Gefühl von Freiheit.

Besonders spannend war es, kleine Tricks zu entdecken: zum Beispiel, wie man mit dünnen Schichten Transparenz aufbaut oder wie dichtere Farbe Volumen und fast einen dreidimensionalen Effekt gibt. Hier probierte ich auch zum ersten Mal das Malmesser – ein Werkzeug, das die Malweise völlig verändert, weil man die Farbe nicht aufträgt, sondern „aufbaut“. Jeder Zug war unerwartet und brachte Überraschungen, die der Pinsel nie erzeugen könnte.

Mit Farben in die Freiheit

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Im Sommer hatte ich endlich genug Zeit, meiner Fantasie Raum zu geben. Bevor ich überhaupt den Pinsel in die Hand nahm, verbrachte ich Tage damit zu recherchieren – stöberte auf Pinterest, sammelte Ideen und beobachtete, wie andere Künstler Motive umsetzen. Ich suchte nach kleinen Tricks, die mir das Zeichnen erleichtern würden, aber noch mehr nach diesem „Klick“-Moment, wenn man weiss, dass man das richtige Motiv gefunden hat.
Nicht alles lief glatt – es gab Arbeiten, die mir überhaupt nicht gefielen, und die ich ohne Bedauern wegwarf, als kleine Erinnerung, dass auch Misserfolg seinen Platz im Prozess hat.
Es gab auch Momente, in denen der Tisch wie pures Chaos aussah – verschmierte Farben, durchnässtes Papier, Pinsel im Wasser liegen gelassen. Doch als ich den Prozess filmte, zeigte ich nur den reinen, wesentlichen Moment des Malens. Gleichzeitig merkte ich, dass mich die Kamera oft aus dem „Flow“ riss und verlangsamte. Am Ende musste ich akzeptieren, dass nicht jede Arbeit perfekt dokumentiert werden kann – und dass Authentizität wichtiger ist als vollständige Aufzeichnung.

(vha)

Was gut, was nicht?
Am schönsten am ganzen Prozess war das Erforschen verschiedener Zeichentechniken und das Gefühl, dass sich mit jeder eine neue Ausdruckswelt öffnet. Besonders mit Acryl entdeckte ich, wie sehr mir die Energie eines schnelleren, freieren Malens liegt.

Aber es gab auch Probleme. Die grösste Herausforderung war das Filmen des Prozesses, das mir zwar half, Momente festzuhalten, aber gleichzeitig meine Konzentration störte. Ich musste lernen, Grenzen zu setzen und das Schaffen selbst in den Vordergrund zu stellen.

Eine zusätzliche Herausforderung war auch die Arbeit mit Acryl: Das schnelle Trocknen gab mir zwar ein Gefühl von Freiheit, erschwerte aber manchmal das Mischen von Farben in feinen Übergängen. Das lehrte mich, Pinselstriche im Voraus zu planen und schneller zu arbeiten, als ich es gewohnt war – was nicht immer einfach war.

Durch dieses Projekt habe ich gelernt:
• Jedes Medium eröffnet eine andere Ausdrucksweise: Buntstifte sind Disziplin, Gouache ist Entdeckung, Acryl ist Freiheit.
• Online-Recherche kann Nachteile von Materialien aufzeigen, aber nur die Praxis zeigt, was wirklich zu meinem Stil passt.
• Kleine Techniken wie die Nutzung von Indigo-Papier können Zeit sparen und Raum für Kreativität öffnen.
• Die Dokumentation des Prozesses ist hilfreich, darf aber nie wichtiger sein als das Schaffen selbst.

Besonders wurde mir klar, dass kleine technische Entscheidungen – wie die Wahl des Papiers oder die Reihenfolge der Farben – nicht nur Zeit sparen, sondern auch die Art verändern, wie ich eine Komposition plane.
Am wichtigsten – ich habe erkannt, dass der eigentliche Schritt in die Freiheit nicht nur im Thema des Bildes geschieht, sondern auch in der Wahl des Mediums selbst. Jeder neue Schritt lehrte mich, das Bedürfnis nach perfekter Kontrolle loszulassen und Ehrlichkeit im Malen zu finden.