Responsive image

Zürich aus zwei Perspektiven

ein Beitrag von Alice Loher

Zürich wächst

Trotz seiner überschaubaren Grösse deckt die Architektur in der Stadt Zürich so einige Baustile ab. In der Innenstadt stösst man hauptsächlich auf ältere Gebäude und je weiter man sich vom Kern entfernt, desto jünger werden die Bauten. In den Quartieren Altstetten (Kreis 9), Seebach (Kreis 11) und Albisrieden (Kreis 9) befinden sich am meisten Gebäude mit Baujahr zwischen 2010 bis 2017. In Altstetten sind es insgesamt 295, in Seebach 269 und in Albisrieden 220 Neubauten. Prozentual betrachtet, machen Gebäude mit Baujahr 2010 bis 2017 in den Quartieren Escher Wyss mit 36.2% (Kreis 5), Seebach 22.1% (Kreis 11) und Albisrieden (Kreis 9) sowie Saatlen (Kreis 12) mit jeweils 18.2% den grössten Anteil am Gesamtbestand aus (Stand 2017). Diese Zahlen sind unter anderem ein Zeichen dafür, dass die Stadt gewachsen ist. Und sie wird auch weiterwachsen. Weil die Baulandreserven aber so gut wie ausgeschöpft sind, muss das durch Verdichtung der bestehenden Strukturen geschehen. Insgesamt zählt die Stadt Zürich 54'291 Gebäude und eine durchschnittliche Flächenbedeckung durch Gebäude (ohne Hausumschwung) von 11.9% der Gesamtfläche (Wald und Gewässer von der Gesamtfläche ausgeschlossen), wobei in der Innenstadt eine Dichte bis zu 40% vorzufinden ist. Tendenz steigend. Damit ein kontrolliertes Wachstum möglich ist, muss baulich verdichtet werden. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Arten.

Hoch oder breit?

Während die horizontale bauliche Verdichtung eine grösstmögliche Ausnutzung der verfügbaren Fläche bedeutet, wird bei der vertikalen Verdichtung in die Höhe gebaut. Der grosse Vorteil der vertikalen Verdichtung ist, dass mit einem relativ kleinen Verbrauch an Grundstückfläche eine hohe bauliche Dichte erreicht werden kann. Ausserdem bleibt mehr Freifläche, die beispielsweise für Grünräume oder Erholungszonen genutzt werden kann. Während Zürich grösstenteils horizontal geprägt ist, wird in den Quartieren Zürich-West und Zürich-Nord die zunehmende Verdichtung durch den stetigen Neubau an Hochhäusern erreicht. Der Kanton regelt die Vorschriften zum Hochhausbau.

Was definiert und vorgeschrieben ist

Das kantonale Planungs- und Baugesetz (PBG) definiert ein Hochhaus ab einer Höhe von 25 Metern (wenn man mit drei Meter pro Geschoss rechnet, ist das ein Gebäude mit etwa acht Stockwerken). Damit ein solches Hochhaus überhaupt gebaut werden darf, müssen einige Vorschriften eingehalten werden: Gebaut werden darf nur, wie es im Bau- und Zonenplan zugelassen wird und so, dass die Nachbarschaft nicht wesentlich beeinträchtigt wird (beispielsweise durch den Schattenwurf). Ausserdem muss das Hochhaus einen ortbaulichen Gewinn bringen, das Gebäude muss einen hohen Bezug zum öffentlichen Raum schaffen und es wird besonders auf die architektonische Sorgfalt geachtet. Ein Überblick des Zonenplans der Hochhausgebiete ist in den Infografiken dargestellt. Grob formuliert, decken die Hochhausgebiete 1 und 2 Zürich West und Oerlikon ziemlich gut ab, so wie die Flächen in Gleisnähe. Die Gebiete sind folgendermassen zu unterscheiden:

Wo hoch gebaut wird. Und wo nicht

Grundsätzlich wird überall dort kein Hochhaus gebaut, wo es zu dominant auftreten oder das Landschafts- oder das Stadtbild zu stark beeinträchtigen würde. Also fallen Hänge, Seeufer oder Kuppen als Standorte weg. Im Gegensatz dazu werden Hochhäuser gerne gebaut, um einen Ort zu markieren, dem Ort mehr Bedeutung zu geben, eine Quartierstruktur aufzulockern oder zu vervielfältigen. Den hohe Bauten bedeuten in gewisser Weise auch eine Zeichensetzung, ein Identifikationsmerkmal oder eine Orientierungshilfe. Ebenfalls für den Hochhausbau geeignet sind Orte mit einer guten Erschliessung.

Strategien der Stadt

In der räumlichen Entwicklungsstrategie (RES) des Stadtrats sind Strategien für Zürich 2035 niedergeschrieben. Herausgegeben wurden diese Strategien im März 2010. Darin geht es im Wesentlichen um mehr Vielfalt, höhere Lebensqualität und eine nachhaltige Entwicklung der Stadt. Was die räumliche Entwicklung betrifft, stehen drei Herausforderungen im Vordergrund: zum einen eine sinnvolle und vielfältige Nutzung des Raumes, eine qualitative Verdichtung und der Erhalt der bestehenden Stadtstrukturen. Darauf basierend wurden die acht Teilstrategien formuliert. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Baustruktur wird angestrebt, die stadtteiltypischen Merkmale zu stärken (einhergehend mit einer hohen baustrukturellen Vielfalt), eine zurückhaltende architektonische Erscheinung, stadtwirksame Hochhäuser und angepasste Veränderungs- und Verdichtungsstrategien. Hinter der Formulierung «stadtwirksame Hochhäuser» wird verstanden, dass sich Hochhäuser in Gebieten mit hoher Dichte und grossmassstäblichem Volumen (wie Zürich-West und Zürich-Nord) entwickeln sollen. Sprich, auf diese Gebiete soll sich der Bau von Hochhäusern konzentrieren. Dafür soll in diesen Gebieten mit vielen öffentlichen Freiräumen kompensiert werden.

Infografiken

Inhalte: Kreise, Stadtquartiere, Bevölkerung, Gebäudedichte, Baujahr der Gebäude, höchste Gebäude, Zonenplan
Hier findest du alle Infografiken auf einer Seite.

Mein Spaziergang durch Zürich Altstetten

Eigentlich befasse ich mich nicht wirklich mit Städtebau oder Architektur und als Experte würde ich mich nicht bei Weitem nicht ausgeben. Wenn man so will, bin ich eine unter den vielen Stadtbewohnern, die die Stadt Zürich lebt und nutzt und liebt. Hinter diesem Projekt steckt aber dieser Unmut, der sich in mir breit macht, wenn ich durch bestimmte super moderne Orte Zürichs schlendere. Verstärkt durch die Erinnerungen an den Unterricht meines abgebrochenen Architekturstudiums vor zwei Jahren, wo genau an diese modernen Entwicklungen hingestrebt wurde, sich aber kein Mensch damit befasst hatte, ob irgendjemand in so einem Betondschungel mit Glastürmen leben wollte. Kein Wunder, denn Pläne und Modelle drücken noch längst keine Stimmungen aus. Diese auch sehr subjektive Stimmung versuche ich in diesem Video darzustellen (am besten mit Ton anhören).

Mein Spaziergang durch Zürich from A L on Vimeo.