von Laura Glanzmann, illustriert von Sebastian Hubacher
Heute ist mein Tag, ich habs im Gefühl. Ich bin nun schon fast am längsten im Regal und denke mir die Zeit ist reif fürs Paradies. Der Tag muss zur Hälfte um sein, dann hat es immer besonders viele Supermarktbesucher. Mein Gefühl hat mich nicht enttäuscht. Eine grosse Frau mit gepunktetem Sommerkleid kommt auf unser Regal zu, streckt die Hand aus, nimmt mich hoch, riecht an mir und legt mich in ihr metallenen Korb auf Rädern. Ich flippe fast aus, meine Kernen stehen mir bis zum Hals. Endlich werde ich mitgenommen ins Paradies.
Die Frau packt mich in eine braune Tüte und ich sehe nichts mehr. Neben mir sind noch andere Gemüse und Produkte, aber ich bin viel zu aufgeregt, als dass ich mit ihnen sprechen könnte. Nach unbestimmter Zeit spüre ich die Hand an meiner Schale und kurz darauf liege ich auf einer rauen, roten Oberfläche.
Hier sieht alles komisch aus. Ich sehe keine anderen Früchte mehr. Neben mir steht ein undefinierbares Ding. Es ist ein wenig grösser als ich. Unten schwarz, obendrauf steht ein durchsichtiges Etwas. Die Frau, welche mich mitgenommen hat, tritt wieder in mein Sichtfeld. In der Hand hält sie ein grosser, metallener Stab. Sie richtet ihn direkt auf mich. Ich bekomme Angst. Was will sie bloss damit? Was soll das?
Ich spüre Schmerzen. Das metallene Ding schneidet mich direkt in der Mitte auf. Von Wegen Paradies – es ist die reinste Hölle. Ich schreie nur noch. Die Frau versteht mich nicht, meine Schreie sind stumm für sie. Plötzlich schwarz.
Matilda steht in ihrer Küche. Sie war gerade einkaufen und freut sich extrem auf ihren Melonen-Smoothie. Sie hatte richtig Glück beim Einkaufen. Bereits im Supermarkt konnte sie riechen, wie süss die Wassermelone war, die hier vor ihr auf dem Tresen liegt. Sie nimmt das grosse Küchenmesser hervor, schneidet die Melone klein und mixt sie mit ein wenig Orangensaft zu einem herrlichen Fruchtdrink. So lässt es sich leben – es ist fast wie im Paradies.