von Nora Pfund, illustriert von Nadia Etter
Mein Hut der hat drei Ecken, drei Ecken hat mein Hut. Und hat er nicht drei Ecken, dann ist es… Eine Melone? Ich weiss noch genau, wie ich als kleines Mädchen Harry Potter und der Gefangene von Askaban las und sie im Buch von einer Melone sprachen. Ich war völlig verwirrt. Denn diese Melone wurde von jemandem getragen. Wie kann man eine Melonenfrucht tragen?? Irgendwann später wurde mir klar, dass von einem Hut die Sprache war – auch bekannt als «Bowler».
Der Bowler hatte mehr einen praktischen Entstehungsgrund als einen modischen. Und zwar störte sich ein gewisser William Coke daran, dass einem beim Durchstreifen von Unterholz und Geäst (während der Jagd), ständig der Zylinder vom Kopf gefegt wurde. So gab er im Atelier des legendären Londoner Hutmachers Lock’s einen Hut in Auftrag, der fest auf dem Kopf sitzen soll und wenig «Angriffsfläche» bietet. Der kleine, steife, kuppelförmige Hut erfüllte ebendiese Anforderungen und wurde anfangs nach seinem Auftragsgeber «Coke» genannt. Erst als die Firma Bowler & Son um 1850 die Herstellung übernahm, kam der Begriff Bowler auf. Im Französischen jedoch wurde er «chapeau melon» genannt und im Deutschen eben «Melone» (obwohl mir persönlich nicht als erstes eine Melone als Formvergleich in den Sinn käme. Ich hätte mich eher gefragt, weshalb jemand einen aufgeblasenen Ballon in Pappmaché einwickelt, ihn trocknen lässt, den Ballon zerplatzt und sich das Endprodukt dann auf den Kopf setzt. Der richtige Bowler besteht übrigens aus Hasenhaarfilz).
Der Bowler war ab da nicht mehr wegzudenken, vor allem nicht bei den Londoner Börsenmakler und Banker, die bis in die 60er den Bowler als Markenzeichen trugen. Diesen eigenförmigen Hut verbindet man augenblicklich mit England und anderen englischen Klischee-Symbole, wie die Bulldogge, Five o’clock tea und der Big Ben. Churchill, Charlie Chaplin, Laurel & Hardy und auch fiktive Persönlichkeiten, wie Alexander DeLarge (Clockwork Orange) und Cornelius Fudge (Harry Potter) trugen genau diesen Hut.
Und heute? Heute wird der Hut nur noch von den Gardeoffizieren der Queen als Teil ihrer städtischen Zivilkleidung (zusammen mit Nadelstreifenanzug und zusammengerolltem Stockschirm) und von bolivianischen Indiofrauen (Cholitas) getragen. Ansonsten ist der Melonenhut grösstenteils vom Bildschirm der sich immer wandelnden Modewelt verschwunden. Aber wir werden ihn immer wieder mal antreffen; Ob in Büchern, Filmen, Verkleidungs- und Vintageläden oder als Frucht im Obstregal. 😉