von Nadia Etter, illustriert von Sebastian Hubacher
Während unseres Lebens starren wir insgesamt 18 Tage lang in den Kühlschrank. Hungrig und unentschlossen. 18 Tage lang getrieben von Hunger oder Langeweile. Wir haben keine bessere Idee zur Beschäftigung als Essen. Ja, auch du hast dich schon, vor lauter Nichts-Tun an den Kühlschrank gewendet. Um dann mit leerem Blick davor zu stehen und zu starren.
Planlos sind wir dem grellen Licht des Kühlschranks ausgeliefert. Der Apparat hat uns fest im Griff, ohne ihn sind wir aufgeschmissen und hilflos. Was würden wir nur ohne ihn machen? Stell dir einen Sommer ohne Kühlschrank vor. Undenkbar? Wie wichtig ein so unscheinbares Ding doch eigentlich ist. Beziehen wir eine neue Wohnung, ist unsere einzige Frage betreffend des Kühlschranks: «Isch dä de gnue gross?» Haben wir uns dann mit ihm angefreundet, beziehungsweise ihn eingeräumt, widerspiegelt er unser selbst.
Dein Kühlschrank ist immer fast leer. Die halb aufgerissene Packung Greyerzer Käse liegt mit einem angebrochenem Glas Essiggurken und zwei Schokoladenjoghurts auf dem mittleren Tablar. Unten in der Getränkehalterung gehts weiter mit zwei Bier. Das wärs dann auch schon, es herrscht gähnende Leere. Mit grosser Wahrscheinlichkeit bist du Student und hast kein Geld. Oder du bist einfach nur faul. Jedes mal, wenn du deinen Kühlschrank öffnest und rein starrst, nervst du dich. Und als ob es nicht schon genug wäre, starrst du nicht nur 18 Tage lang in den Kühlschrank, sondern starrst und nervst dich gleichzeitig. Da könnte man wirklich sagen: «Isch doch schad fürd Zyt!»
Natürlich gibt es auch die andere Seite der Münze - dein Kühlschrank ist immer voll oder einigermassen gut gefüllt. Du Glückspilz! Wohnst sicher noch bei deinen Eltern und deine Mutter kauft ein. Oder Option zwei, deine Frau, Partnerin, Freundin, dein Freund oder Mann, füllt den Kühlschrank auf - du Profiteur. Dritte Möglichkeit, du hast dein Leben komplett im Griff - Chapeau!
Weiter kann man Menschen gut anhand ihrer Kühlschrank-Ordnung schubladisieren. Falls eine solche vorhanden ist. Sind die Nahrungsmittel sortiert in kleinen Kistchen verstaut, weiss man gleich, dass man es hier mit einem ordnungsliebenden praktisch-orientierten Menschen zu tun hat. Denn es gibt nichts besseres, als wenn man die fünf Sorten Konfitüre, die Butter und die Nutella gleichzeitig, in einem Zug auf den Tisch stellen kann.
«WAS, geits no?» Die Nutella kommt doch nicht in den Kühlschrank!
Grösster Konfliktpunkt einer jeden Beziehung, sei es unter Freunden, Liebenden oder Mitbewohnern. Was kommt in den Kühlschrank und was nicht?
Die einen lagern Bananen im Kühlschrank und glauben, dass diese so länger frisch bleiben. Manche Menschen bewahren sogar ihr Brot so auf und begründen es mit derselben Argumentation. Nicht zu vergessen, das ungeschriebene Gesetz, wo man die Tafel Schokolade zu lagern hat, so dass diese die perfekte Temperatur für den Verzehr hat. Als hätte ich selbst viel Ahnung davon. Doch eines weiss ich, es ist egal ob man Melonen im Kühlschrank oder ausserhalb lagert. Sie bleiben an beiden Orten gleich lange frisch. Nur, gekühlt schmecken sie nicht ganz so fruchtig und intensiv, wie bei Raumtemperatur. Doch nichts geht über eine kühle Melone im Sommer. Geschmack hin oder her.*
Zu guter letzt, 18 Tage lang einen geöffneten Kühlschrank. Wie viel Energie das wohl benötigt?
*basierend auf Erfahrungswerten.