von Nadia Etter, illustriert von Nora Pfund
Der weisse Sand knirscht leise unter meinen Füssen, er rinnt durch die Zehen, meine Fussspitze versinkt leicht in der wohligen Masse. Ein warmer Wind schlägt mir ins Gesicht, drückt mir die Kleidung an den Leib. Ich rieche die Gischt und das Salz, ein Geruch der mir noch Monate später im Kopf hängt und mir das Gefühl von Glück gibt. Gäbe es keinen Sonnenschein, der das Meer zum Glitzern bringt, wäre der Ozean vom Himmel nicht zu unterscheiden. Beide strahlen im schönsten Blau. Meine Füsse beginnen zu brennen im immer heisser werdenden Sand. Ich laufe weiter in Richtung Ozean.
Ich bin an Orten wo Bananen, Melonen und Pfirsiche echt schmecken. Nach Sonne. So süss, dass sie auf der Zunge schmelzen. In meinem Paradies. Doch ist es mir egal, in welcher Ecke der Welt sich das befindet. Alles was für mich zählt, ist der Ozean, die Wellen und mein Brett. Ich surfe - leidenschaftlich.
Ich wate in das kühle, glitzernde Wasser. Nach einigen Schritten werfe ich mich auf meinen treuen Begleiter und beginne mit kräftigen Armzügen zu paddeln. Ich durchtauche eine Welle nach der anderen, den Blick immer auf den Horizont gerichtet. Mein Ziel - hinter die Wellen zu gelangen, die Ruhe des Ozeans zu geniessen und auf die perfekte Welle zu warten, mit der ich wieder zurück in Richtung Strand gleite.
Ich surfe die perfekte Welle und verspüre vollkommenes, pures Glück. Ich bin begeistert, möchte die ganze Welt umarmen und Luftsprünge machen. Ich bin stoked - wie der Surfer sagen würde. Wieder und wieder paddle ich in das Meer hinaus und surfe Welle für Welle auf der Suche nach Nervenkitzel, Befriedigung und eben - der perfekten Welle. Ja, sie ist ein seltener Gast. So bin ich deshalb umso euphorischer, wenn ich einen perfekten Ritt hinter mir habe.
Gerade eben bin ich aufgetaucht, eine Welle ist kurz vor mir gebrochen, währenddessen ich versuchte weiter in Richtung Horizont zu gelangen. Ich huste das Salzwasser aus meiner Luftröhre. Die Welle hat mich gehörig durchgespült. Ich versuche die Orientierung wieder zu finden, denn die Nächste ist bereits wieder im Anmarsch, um mich unter ihr zu verschlingen und mir meine wertvolle Kraft zu rauben. Schnell paddle ich auf sie zu und es gelingt mir knapp, mich vor der sich aufbauenden Wand zu retten, bevor sich die Wassermassen auf mich werfen können. Ausser Atem und mit brennenden Oberarmen setze ich mich aufrecht auf mein Board und schaue mich um. Der Ozean ist ruhig. Beängstigend ruhig.
Die Gruppe von Surfern, die wie ich den perfekten Ritt suchen, sind weit weg. Zu weit. Gerade eben sass ich höchstens eine Armlänge von ihnen entfernt auf dem Brett und wartete auf Wellen. Ich blicke an den Strand und versuche meinen Standort zu analysieren. Ja, ich bin definitiv nicht dort wo ich gerne sein möchte. Shit! Ich bin unbemerkt in eine Strömung geraten, die mich unweigerlich immer weiter weg vom Strand zieht. Tiefer in das offene Meer hinaus.