Erwin

48 Jahre alt, Sozialpädagoge

Zwischen Fluchen und Beten bekehrt




... das Andere. Das Andere ist: Erwin fing im Alter von 17 Jahren zu kiffen an. Doch dabei blieb es nicht. Er wollte ein Vorbild sein: wollte mit den Drogen aufhören. Das Scheitern machte es nur schlimmer. Sein Dealer hatte kein Hasch und so griff Erwin zu Heroin. Bald kam er mit allem nicht mehr klar: Er fehlte oft im Job, machte Schulden und verkaufte nach und nach sein ganzes Hab und Gut. Der Schritt auf die Strasse war nicht mehr weit entfernt. An der Langstrasse stürzte er immer weiter ab.



Egal zu welcher Witterung oder zu welcher Jahreszeit, die Strasse – die Drogen – dies war sein Leben.



Erwin hatte ein soziales Umfeld. Doch wie die meisten Obdachlosen - sei es wegen den Drogen, psychischen Problemen oder wegen der Scham, zu zeigen, dass man arm ist – lebte er alleine. Die Menschen, die auf der Strasse leben, kapseln sich ab. Gegenseitig distanziert man sich nach und nach. Hilfe annehmen ist für Viele schwierig, dies gilt nicht nur für randständige Menschen. Man zeigt öffentlich, dass man selbst gescheitert ist, dass man es alleine nicht schafft. Auch Erwin wollte keine Hilfe annehmen.



In dieser Zeit arbeitete der Franziskanerpater Leonhard an der Langstrasse. Mit Gottes Hilfe versuchte er, die Drogenabhängigen von der Gasse zu holen. Erwin versteckte sich meistens, sobald er Leonard sah. Auch sonst hatte er nichts mit Religion oder all dem am Hut. Er war in seiner Welt gefangen. Der nächste Winter kam und Erwin wusste, dass in der Entzugsklinik der Heilsarmee ein warmes Bett auf ihn wartete. Erwin sah dies als Fastenzeit: mal Pause machen, aber sicherlich nicht aufhören. Damals gab es nur einen Weg – den kalten Entzug.



Erwin hat es geschafft: Drei Monate lang war er in der Entzugsklinik und 14 Monate in der stationären Therapie. Anschliessend arbeitete er wieder in seinem erlernten Beruf. Nach 4 Jahren kehrte er auf die Gasse zurück, aber nicht als Drogenabhängiger, sondern als Gassenarbeiter. Er wollte sich sozial engagieren und ging wieder zur Schule. Erwin schloss ein Studium als Sozialtherapeut ab, machte ein Nachdiplomstudium als Sozialpädagoge und bildet sich zur Zeit als Berater in Veränderungsprozessen aus. Beim HOPE in Baden ist er jeden Tag mit den Drogen, mit den Menschen, die seinem alten Ich so ähnlich sind, konfrontiert. Doch heute steht er auf der anderen Seite.



Familiäre Umstände trieben Erwin in die Drogen. Erwin ist nicht alleine mit seinem Schicksal. Leider ist er fast alleine mit seinem Ausstieg aus der Szene...